Hydrocracken
Hydrocracken (auch Hydrospalten) ist ein katalytisches Crackverfahren der Petrochemie in Gegenwart von Wasserstoff, um höhermolekulare Kohlenwasserstofffraktionen in Zwischenprodukte zur Herstellung von Motorenbenzin, Kerosin und Dieselkraftstoff umzuwandeln. Der Prozess wird unter Wasserstoffdruck von bis zu 200 bar und bei Temperaturen bis 480 °C durchgeführt. Die entstehenden Produkte sind weitgehend aromaten- und olefinfrei und enthalten kaum Schwefelverbindungen.
Geschichte
Schon in den 1920 und 1930er Jahren gab es Untersuchungen und Versuche zum Hydrocracken. Durch die damit verbundenen hohen Kosten waren die Verfahren nicht wirtschaftlich. Erst zu Beginn der 1960er Jahre konnte sich das Verfahren technisch und ökonomisch durchsetzen. Die Gründe lagen zum einen an verbesserten Katalysatoren auf Zeolith-Basis als auch am wachsenden Interesse an schwefel- und stickstoffarmen Dieselkraftstoffen sowie an Komponenten zur Herstellung von Motorenbenzin.[1] Weiterhin konnten die Rückstände des Fluid Catalytic Crackings (Light Cycle Oil (LCO), von "fines" gereinigtes Heavy Cycle Oil (HCO), gereinigter Slurry) mittels Hydrocracken aufgearbeitet werden. Weitere - immer wichtiger werdende Quellen - sind Koker-Schwergasöl und Deasphalted Oil (DAO). Im Jahr 2001 waren weltweit über 150 Hydrocracker mit einer Kapazität von mehr als 500.000 Tonnen pro Tag installiert.[2]
Verfahren
Beim Hydrocracken werden bifunktionelle Katalysatoren eingesetzt, die sowohl über eine hydrierende Metallfunktion als auch über einen Träger wie Aluminiumsilikate mit Säurefunktion verfügen. Für schwefelhaltige Einsatzstoffe werden meist die Metall-"Kombination" Kobalt und Molybdän (sog. CoMo-Cat) aber auch Nickel/Molybden (NiMo-Cat) bzw. Nickel/Wolfram eingesetzt, bei dem schwefelfreien Edukt der 2. Stufe (s.u.) können auch platindotierte Katalysatoren eingesetzt werden. Zur Prozessdurchführung sind Mengen von bis zu 500 m3 an Wasserstoff pro Tonne Einsatzstoff notwendig. Das Verfahren erfordert Wasserstoffpartialdrücke von bis zu 200 bar Druck und Temperaturen von bis zu 480 °C.
Das Verfahren kann einstufig oder zweistufig im Festbettreaktor durchgeführt werden. Im einstufigen Prozess werden nur schwefelresistente Kobalt-Molybdän-Katalysatoren eingesetzt. Diese haben den Nachteil einer eher geringen Aktivität, entfernen aber die Heteroverbindungen und deaktivieren kaum. Nicht umgesetztes Produkt (sogenannte HCU-Bottoms, siehe auch Hydrowax) wird normalerweise als "Alternative Feedstock" für einen "Steamcracker" verwendet. Der einstufige Prozess hat den Vorteil, dass das teure wasserstoffresistente Hochdruckequipment nicht zweimal installiert werden muss.
Um die höhere katalytische Aktivität von Nickel- oder Platinhaltigen Katalysatoren auszunutzen, werden vermehrt mehrstufige Prozessen eingesetzt. Dabei wird wie beim Einstufen-Prozess im ersten Schritt meist ein CoMo-Katalysator eingesetzt. Die entstehenden, von Schwefel und Stickstoff befreiten HCU-Bottoms werden im zweiten Schritt mit anderen hochaktiven Katalysatoren umgesetzt (rezirkuliert bis zum "Verschwinden").
Varianten
Beim Mild Hydrocracken wird nur ca. 20-60 % (bei ~50-85 bar)[3] des Eduktes gecrackt. Das Verfahren dient vorwiegend zur Gasölproduktion, sowie zur Herstellung von FCC-Feed.
Das GtL-Verfahren erfordert einen speziellen Hydrocracker-Prozess zum isomerisierenden Cracken des hochparaffinösen Feedstocks.
Edukte
H2
Schweres Vakuumgasöl ("Standard"-Feed)
Leichtes Vakuumgasöl (seltener)
Schweres Gasöl (seltener, wenn ökonomisch sinnvoll)
LCO (selten, wenn verfügbar und ökonomisch sinnvoll)
HCO (selten, wenn verfügbar, muss von "fines" gereinigt sein, sonst droht Erosion der Pumpen und Verstopfung der Reaktoren)
Slurry (selten, wenn verfügbar, muss ebenfalls gereinigt sein)
DAO (selten, wenn verfügbar)
Koker-Schwergasöl (selten, wenn verfügbar)
Visbreaker Flashed Distillate (häufig, wenn verfügbar, Feedanteil jedoch durch den sogenannten Conradson Carbon Test (CCT) begrenzt)
Produkte
wasserstoffreiches Gas (falls ein "Bleed" erforderlich ist)
Raffineriegas
LPG
HCU-Leichtnaphtha (Siedebereich:~25 - ~70/85 °C, direkt als Benzinblendingkomponente, aber auch als Steamcracker-Feed)
HCU-Schwernaphtha (Siedebereich:~70/85 - ~170 °C, als Reformer-Feed, aber auch als Steamcracker-Feed)
HCU-Kerosin (Siedebereich:~170 - ~250 °C, direkt als Jet-A1-Komponente, aber auch als Diesel-Blendingkomponente)
HCU-Gasöl (Siedebereich:~250 - ~340/360 °C, direkt als Diesel-Blendingkomponente)
und bei einem einstufigen Prozess:
HCU-Bottoms (Siedebereich:~340/360 - ~560 °C, als Steamcracker- oder FCC-Feed, aber auch zur Herstellung von "halbsynthetischem" Schmieröl)
Einzelnachweise
Literatur
- Hydrocracking Science and Technology; von J. Scherzer, A. J. Gruia, Verlag Marcel Dekker Inc (1996) ISBN 0824797604, ISBN 978-0824797607
- Kohle, Erdöl, Erdgas: Chemie und Technik; von K. H. Schmidt, I. Romey, F. Mensch, 256 Seiten, Vogel Verlag (1981), ISBN 3802306848, ISBN 978-3802306846
- Grundlagen der industriellen Chemie. Technische Produkte und Prozesse; von W. Keim, A. Behr, G. Schmitt, 573 Seiten, Verlag Salle, Frankfurt (1991), ISBN 3793554902, ISBN 978-3793554905
Weblinks
- Shell: Maximum diesel hydrocracking