Gemischtrennung

Gemischtrennung

Unter Gemischtrennung versteht die Technische Chemie ein Trennverfahren für unter naturgegebenen Bedingungen oder durch menschliches Handeln Vermischtes. Dabei wird so sortiert, zerlegt oder zerteilt, dass die ursprünglichen Fraktionen wieder getrennt vorliegen.

Begriffsklärung Gemische und natürliche Entmischung

Entmischen, auch Entmischung, oder Gemischtrennung, setzt das Vorhandensein von Gemischen voraus. Sie können naturgegeben oder durch menschliche Einwirkung entstanden sein. Auch das Entmischen kann durch die Natur selbst bewirkt werden oder aber es wird als wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit erkannt, die sich dann zumeist physikalischer oder chemischer Methoden bedient, die gewerblich betrieben auch als Trennverfahren (nicht jedes Entmischen verlangt nach einem Trennverfahren und Trennverfahren setzen das Vorhandensein eines Gemischs nicht voraus) bezeichnet werden können, dann aber auch genaue Kenntnis dessen voraussetzen, was entmischt werden soll oder muss. Augenschein, Probenahme und Analyse helfen bei der Wahl des Entmischungsverfahrens oder der Entwicklung neuer Techniken.

Flüssige Gemenge, auch Emulsionen genannt, neigen zur Selbstentmischung, wenn Dichteunterschiede der Bestandteile vorliegen. Dies gilt für viele Erzeugnisse des täglichen Gebrauchs, daher der häufige Packungshinweis „Vor Gebrauch gut schütteln!“ Bei der Glasherstellung ist beides bekannt. Das nach Rezeptur zusammengestellte, noch heterogene Gemisch von Quarz und verschiedenen Zuschlagstoffen unterliegt in einer ersten Stufe dem „Gemengeschmelzen“, gefolgt vom „Lauterschmelzen“ (Läuterung durch Entfernung unerwünschter Gasgehalte), das dann zu einem homogenen Gemisch führt.[1]

Entmischen, Entmischung, Separation

Soweit gemäß gegebener Gliederung die Art des Gemisches bestimmt ist, das entmischt werden soll, oder – gelegentlich unerwünscht – ohne weiteres Zutun erfolgt, kann ein zweckdienliches Trennverfahren herangezogen werden.

Entmischen von Feststoffen

Mit den Stichworten Abfall und Stoffverwertung ist eine hergebrachte Form des Entmischens von Feststoffen bereits angedeutet. Der klassische „Lumpensammler“ mit seiner Karre nahm alles an sogenannten Abfällen mit, was für seinen Auftraggeber, eine private Verwertungsfirma, interessant sein konnte. „Knochen, Lumpen, Papier!“ war der Ausruf, mit dem er sein Kommen anzeigte. Heute hat er sich modernisiert und nimmt in seinem LKW nicht mehr alles mit, sondern vorwiegend Metalle, die den höchsten Sammelerlös versprechen, insbesondere Buntmetalle. Eine Zeit, in der alles gesammelt und verwertet wurde, war die der NS-Vierjahrespläne, die von Knappheit an Vielem und dem Streben nach Versorgungsautarkie bestimmt waren. Dies kann als erste Stufe der Entmischung bezeichnet werden. Das von den Sammlern noch ziemlich gemischt Angelieferte wurde auf dem Hof des Verwerters sortiert und in getrennten Boxen gelagert. Besondere Aufmerksamkeit galt früher wie heute dem metallischen Sammelgut. Geschulte Kräfte trugen hierbei weiter zum Entmischen bei, indem sie Eisen und Nichteisenmetalle, Stahl, Gusseisen, Kupfer und kupferhaltiges, Zink, Leichtmetall, Blei und Zinn (Flaschenkapseln) voneinander trennten. Auf dieser Stufe war es auch möglich – gemäß dem einleitend Gesagten – eine gesammelte Charge analytisch auf Durchschnittsgehalte an enthaltenen Stoffen zu untersuchen und auf dieser Grundlage einer Verhüttung zuzuführen, an deren Prozessende beispielsweise wertvolles Reinkupfer stehen konnte.

Eine im Prinzip verwandte, aber aufwändigere Art, Gemische oder Gemenge auf enthaltene Stoffe zurückzuführen, ist die Metallurgie mit ihren verschiedenen Verfahren der Gewinnung von Primärmetall aus erzführenden Gesteinen, beginnend mit der Trennung (Entmischung) von Gangart und Erz oder dem Recycling vorsortierter metallischer Altstoffe. Immer steht am Prozessanfang die Untersuchung auf Zusammensetzung, bevor nach erprobten oder noch zu erarbeitenden Verfahren Einzelstoffe aus dem Gemisch isoliert werden können. Ohne Wissen um das Entstehen von Gemischen, die für die Technik wichtige Elemente enthalten, ist ein so wichtiges Verfahren wie die Entmischung oder Stofftrennung durch die Elektrolyse nicht möglich. Vom Sprachgebrauch unabhängig ist die Elektrolyse eine unverzichtbare Technik, natürlich vorkommende Gemische zu entmischen, auf ihre vorzeitlichen, miteinander vermischten Einzelbestandteile zurückzuführen. Eines der wichtigsten Verfahren der anorganischen Chemie ist die Chlor-Alkali-Elektrolyse, die sowohl den Chemiegrundstoff Chlor, als auch metallisches Natrium liefert.

Zu den einfacher zu handhabenden Verfahren der Entmischung von Feststoffen zählt die Ausnutzung eines bestehenden Dichteunterschiedes oder unterschiedlicher Korngrößen. Rütteln, Sieben, Windsichten, Seigern, Schwimmflotation lassen sich hierunter einordnen.

Entmischen flüssiger Gemische

Da viele Arten flüssiger Gemische denkbar sind, ist eine Beschränkung auf Beispiele erforderlich, die von den technischen Voraussetzungen und der wirtschaftlichen Effizienz her geboten sind.

Bei kohlensäurehaltigen Mineralwässern ist deren „Ausperlen“ bei geöffneter Flasche ebenfalls eine Entmischung. Gleiches gilt für mit Wasserzusatz „auf Trinkstärke reduzierte“, im Originalzustand hochprozentige Alkoholika. Bei nicht luftdichtem Verschluss verlässt der seinerseits der Entmischung eines Gärproduktes mittels Destillation entstammende, rektifizierte Alkohol auf Grund seines niedrigeren Dampfdrucks mit der Zeit das Wasser-Alkohol-Gemisch. Selbstentmischung dieser Art findet ihre Parallele in der fraktionierten Destillation, als Beschleunigung eines oft natürlichen Vorgangs („Ausdampfen“) durch Temperaturerhöhung. Nicht entmischbar sind die Cuveés, hochwertige Weine, die aus verschiedenen Traubensorten hergestellt werden. Gleiches gilt bei Anstrichfarben, bei denen die Basiskomponente mit verschiedenen Zusätzen eingefärbt wird.

Technisch interessant ist das Entmischen von Abwässern bis hin zum Entmischen durch Zentrifugieren. Abwässer selbst hohen Verunreinigungsgrades werden heute durch Wasseraufbereitungsanlagen soweit entmischt, dass am Ende der Prozessstufen Trinkwasser entsteht, wogegen die den untrinkbaren Teil des Gemischs bildenden, in einem mehrstufigen Verfahren abgetrennten Beimengungen als Feststoffe, wie es organische Fette, stickstoffreiche Filtrate (Fäkalien) oder basische Waschmittelrückstände sind, einer Wiederverwertung zugeführt werden können.

An der Pumpe zu Tage tretendes Erdöl ist ein Gemisch von Bestandteilen mit unterschiedlichen Siedepunkten, die auch zu unterschiedlicher Nutzung führen. Die Raffinerie, vom Prinzip her eine Destillationsanlage, entmischt die verschiedenen Fraktionen auf Grund unterschiedlicher Siedepunkte. Dieses Prinzip der fraktionierten Destillation ermöglicht es, die Mehrzahl aller vorkommenden flüssigen Gemische zu entmischen. Alternativ ist auch die Separation mittels Zentrifugierung möglich. Bekannte Beispiele sind hier die Buttererzeugung und in Umkehrung die Milchentfettung oder die Honiggewinnung durch Ausschleudern der Waben. Ferner können flüssige Gemische auch durch Ausnutzung von Dichteunterschieden (Abstehenlassen) oder solche Unterschiede fördernde und daher absichtsvoll eingeleitete chemische Reaktionen herbeigeführt werden. Der künstlich zu höherer Dichte gebrachte Bestandteil des Gemisches fällt aus und kann abfiltriert werden. Vom Prinzip her beruht ein großer Anteil der nassanalytischen Methoden der anorganischen Chemie hierauf.

Die Entmischung einer geschmolzenen, also verflüssigten, metallischen Legierung aus Bestandteilen unterschiedlicher Dichte kann von selbst oder durch Anwendung eines die Entmischung fördernden Verfahrens erfolgen. Die einfachste Art der Entmischung ist die Schwerkraftsteigerung. Legierungbestandteile mit hoher Dichte, wie Blei in einer Bronzelegierung, sinken nach unten, leichtere, wie Siliziumprimärkristalle in einer AlSi-Legierung, reichern sich dagegen im oberen Bereich der Schmelze an.

Die Möglichkeiten des Entmischens einer Schmelze durch bewusst herbeigeführte chemische Reaktionen sind vielfältig. So können beispielsweise aus dem „Gemisch“ zu entfernende Bestandteile erst in ihre Oxide umgewandelt werden, anschließend von der flüssigen Basis abgetrennt und mit oder ohne Bearbeitung einer weiteren Nutzung zugeführt werden (Schmelzebehandlung).

Entmischen (Separation in Einzelbestandteile) gasförmiger Gemische

Ein Gasgemisch ist die Luft, die – in Volumenprozenten ausgedrückt – zu 78,07 % aus Stickstoff, mit 20,95 % Sauerstoff, ferner 0,94 % Edelgasen (mehrheitlich Helium) und „nur“ 0,03 % Kohlenstoffdioxid zusammengemischt ist. Eine Separation dieser Komponenten, eine Entmischung, war so lange unmöglich, bis Carl von Linde die Luft mit kryotechnischen Maßnahmen verflüssigen konnte, um sie danach durch fraktionierte Destillation in ihre Bestandteile zu zerlegen. Von Lindes Erfindung gehen heute nahezu alle Verfahren aus, Gasgemische in ihre Bestandteile zu zerlegen, nutzbare und schädliche zu erkennen, zu verwerten oder zu entsorgen. Dies betrifft besonders den Bereich der chemischen Kriegsführung (C-Waffen, Kampfstoffe), gedachter giftiger Gase oder Flüssigkeiten organischer Abkunft (Grünkreuz, Gelbkreuz, Sarin), deren kontrollierte Trennung (bei binären Kampfstoffen), Zersetzung oder Verbrennung zu Kohlenstoffdioxid und Wasser risikobehafteten Trennungsversuchen vorzuziehen ist.[2]

Einzelnachweise

  1. Darstellung und Verarbeitung von Gläsern. In: Egon Wiberg, Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der anorganischen Chemie. Walter de Gruyter & Co, Berlin.
  2. Kampfstoffe. In: Jürgen Falbe (Hrsg.), Manfred Regitz (Hrsg.): Römpp Chemie Lexikon. 9. erweiterte und neubearbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995, ISBN 3-13-102759-2.

Herangezogene Literatur

  • Jürgen Falbe (Hrsg.), Manfred Regitz (Hrsg.): Römpp Chemie Lexikon. 9. erweiterte und neubearbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995, ISBN 3-13-102759-2.
  • Herder-Lexikon Geologie und Mineralogie. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1972, ISBN 3-451-16452-3.