Feuerstahl

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Dieser Artikel erläutert den Begriff Feuerstahl, zur anderen Bedeutung in der Heraldik siehe Feuerstahl (Heraldik).

Der Feuerstahl (auch Feuerschläger, veraltet: Feuereisen, Feuerschurf, Pinkeisen; engl. fire steel, frz. geläufig briquet à silex, selten briquet en acier; ital. acciarino; span. eslabón) besteht aus einem besonders kohlenstoffreichen, aufgekohlten (ca. 0,5-1 % C) Stahl und ist ein unverzichtbarer Bestandteil des sogenannten Schlagfeuerzeugs. Solche Feuerzeuge bestehen immer aus den Komponenten Feuerstahl, Feuerschlagstein und Zunder.

Feuereisen in mittelalterlicher Aufmachung

Verwendung

Der Feuerstahl wird gegen die scharfe Kante eines harten Gesteinstücks geschlagen, in aller Regel Feuerstein, wobei Funken entstehen. Diese Funken werden auf Zunder aus Baumschwamm (Zunderschwamm Fomes fomentarius L: Fr.) oder inkohltem Stoff (sog. Stoffzunder; engl. charred cloth; frz. étoupe; ital. stoppa; span. estopa) aufgefangen, der dadurch in Glut gesetzt wird. Bei Verwendung von Baumschwammzunder für ein Schlagstahlfeuerzeug kann dieser z.B. chemisch durch Tränken in Salpeterlösung oder Einreiben mit Schwarzpulver glimmfähiger gemacht werden, denn ohne eine derartige Behandlung kann Baumschwammzunder mit Funken aus Schlagstählen nur schwer entzündet werden.

Geschichte

Bereits die frühesten Feuerstähle besaßen eine klassische Zweckform, die sich mit leichten Abwandlungen bis weit ins 20. Jahrhundert gehalten hat. Sie bestehen meist aus einer rechteckigen Stahlschiene, die an einem oder beiden Enden dünn und lang zu einem oder zwei „Armen“ ausgeschmiedet war. Der Arm/die Arme besitzen eine aufgebogene Schlaufenform und nähern sich dem Rücken der Stahlschiene an oder berühren ihn. „Zweiarmstahle“ haben im Laufe der Zeit vielfältige Modifizierungen der Form und auch der Dimensionen erfahren.

Eine jüngst durchgeführte metallurgische Analyse eines vermeintlichen römischen so genannten Bandstahls hat ergeben, dass dieser nicht aus aufgekohltem und damit kohlenstoffreichem Stahl, sondern aus weichem Schmiedestahl besteht. Aufgrund der geringen Dicke der „Bandstähle“, die auch aus vorrömischer Zeit bekannt sind, lässt sich dieses Ergebnis allgemein auf diese Geräteform übertragen. Damit steht fest, dass vorrömische und römische „Bandstähle“ keine Funken liefern konnten und deshalb nicht als Feuerstähle gedient haben. Zugleich bedeutet dies, dass die Funktion der z.B. auch „Doppelschlaufe“ genannten Objekte nach wie vor unbekannt ist.

Schlagstahlfeuerzeuge waren die europäischen Standardfeuerzeuge und lassen sich sicher seit der frühesten Römerzeit bis zur Neuzeit nachweisen. Selbst nach der Markteinführung der echten Streichhölzer im Jahre 1827 wurden Schlagstahlfeuerzeuge in Europa noch bis weit ins 20. Jahrhundert vor allem im ländlichen Raum zum Feuermachen benutzt.

Irrtum mit „Gedum“ und „Tschakoschak“

In einem Katalog der Feuerzeugsammlung im hauseigenen Museum der Zündholzfabrikanten Bryant and May in London wurde im Jahre 1926 ein hammerförmiges Eisenwerkzeug als Feuerstahl aus Afghanistan beschrieben[1]. Seitdem tauchen in späteren Veröffentlichungen zur Geschichte der Feuererzeugung und der Feuerzeuge immer wieder vergleichbare Werkzeuge auf, die als „Afghanischer Feuerhammer“ bezeichnet und eine Teilfunktion als „Feuerschläger“ zugesprochen werden. Tatsächlich handelt es sich bei diesen sehr charakteristisch in Form des Buchstaben T gearbeiteten Objekten um multifunktionale Werkzeuge früher Vorderladerschützen. Die in Afghanistan „Tschakoschak“, in Nordafrika „Gedum“ genannten Werkzeuge besitzen immer ein Hammerende, ein gegenüberliegendes, spitz ausgeschmiedetes Ende und ein Schraubendreherende. Diese „afghanischen Feuerhämmer“ sind ein Beispiel für die Tradierung eines Irrtums in der Fachliteratur über einen Zeitraum von 70 Jahren. Gewehrschlüssel fanden niemals als Feuerstähle Verwendung. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in den jeweiligen Herkunftsländern zeitgleich neben den Gewehrschlüsseln veritable Feuerstähle typischer Form existierten, was nicht der Fall wäre, wenn man wirklich mit Gewehrschlüsseln Funken hätte schlagen und somit Feuer hätte machen können.[2]

Literatur

  • H.A. Brunner: Feuer und Feuerschlagmesser. Stuttgart/Wien 1998.
  • V. Cacciandra & A. Cesati: Fire Steels. Turin 1996.
  • P. De Sanctis & M. Fantoni: Gli Acciarini – Fire Steel. Itinerari d’immagini 38. Mailand 1991.
  • E. Fehre: Brandstifter. Eine kleine Geschichte des Feuerzeugs. Führer des Niederrhein. Mus. für Volkskunde u. Kulturgesch. 42 Goch, 2002.
  • J. Hála: 1986: Archaic methods for lighting fire in the Carpathian Basin with special regard to the use of siliceous materials in: K.T. Biró (Org.) Internationale Konferenz über Silexgewinnung und Steinwerkzeug-Rohstoff Charakterisierung im Karpathenbecken. Budapest-Sümeg, 20-22 Mai 1986 (Seiten 323–342).
  • J. Ilkjær: Stichwort ‚Feuerzeug‘. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 8 Berlin 1993 (Seiten 406–408).
  • Miller-Christy (i.e. Robert Miller): The Bryant and May Museum of Fire-Making Appliances. Catalogue of the Exhibits. Vol. 1. London 1926.
  • B. Roussel: La Production du feu par percussion de la pierre. Préhistoire, Ethnographie, Expérimentation. Préhistoires 11. Montpellier 2005.
  • B. Roussel, S. Rapior, C.-L. Masson & P. Boutié: l’Amadouvier. Grande et petite histoire d’un champion. Supplément hors-série des annales de la Soc. d’Horticulture et d’Histoire Naturelle de l’Hérault. Montpellier 2002.
  • B. Roussel & P. Boutié: La production du feu durant l’Antiquité classique in: Le Bulletin d’Ethno-Logique. 2005 (Seiten 21-27).
  • B. Roussel & P. Boutié: La Grande Aventure du Feu. Histoire de l’allumage du feu des origines à nos jours. Aix-en-Provence 2006.
  • F. Seeberger: Zur Identifizierung von Feuerstählen. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 15. 1985 (Seiten 257–259).
  • M. Skiljan: Metallica. Hrvatski Povijesni Muzej. Zagreb 2002.
  • H. Steuer: Stichwort Feuerzeug‘. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 8 Berlin 1993, (Seiten 402–406; 408–411).
  • S. Svoronos: Medieval Firesteels Houston/Texas 2004
  • J. Tinnes & J. Weiner: Ein römischer Feuerstahl aus Frixheim in: Archäologie im Rheinland 2003. Stuttgart 2004 (Seiten 124–125).
  • W. Wegewitz: Der Urnenfriedhof von Hamburg Marmstorf. Urnenfriedhöfe in Niedersachsen 7 Hildesheim 1964
  • J. Weiner: Mit Stahl, Stein und Zunder. Die in Vergessenheit geratene Technik des Feuerschlagens. In: Pulheimer Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde 5 1981 (Seiten 13-18)
  • J. Weiner: Gedum – Feuerstahl oder multifunktionales Werkzeug früher Vorderladerschützen? in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 37. 1996 (Seiten 47-57).
  • J. Weiner: Gedum – Feuerstahl oder multifunktionales Werkzeug früher Vorderladerschützen. Ein Nachtrag in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 40. 1999 (Seiten 417–447).
  • J. Weiner: Sammlerinstinkt und Sammlerglück: Ein Feuerstahl aus der Westsahara in: Spark International 13. 2000 (Seiten 8-16).
  • J. Weiner: Besprechung von: V. Cacciandra & A. Cesati, FIRESTEELS (Turin 1996). In: The Journal of the Antique Metalware Society 11. 2003 (Seiten 38-41).
  • J. Weiner: Monopol der Menschheit. Schwerpunktthema Feuer. In: Archäologie in Deutschland, Heft 4 Stuttgart 2006 (Seiten 28-31)
  • J. Weiner: An Unknown Type of Fire-Steel from Iran. In: The Journal of the Antique Metalware Society 15. 2007 (Seiten 58-60).
  • J. Weiner: Nochmals zu frühen Feuerstahlen - Zur überraschenden Klärung einer Hypothese. In: H. Kelzenberg, P. Kießling & S. Weber (Hrsg.) Forschungen zur Vorgeschichte und Römerzeit im Rheinland. Hans-Eckart Joachim zum 70. Geburtstag gewidmet. Beihefte der Bonner Jahrbücher 57. Mainz 2007 (Seiten 269-276).
  • J. Weiner & R. Hertel: Unscheinbar und doch extrem selten: Ein Gewehrschlüssel früher Form aus Jülich. In: Archäologie im Rheinland 2007 Stuttgart 2008 (Seiten 160-161).
  • J. Weiner: Feuerschlagsteine und Feuererzeugung. In: H. Floss (Hrsg.) Steinartefakte vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit. Tübingen 2012 (Seiten 943-960).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Miller-Christy 1926
  2. vgl. Weiner 1999

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