B-Fabrik

B-Fabrik

Als B-Fabrik bezeichnet man einen speziellen Teilchenbeschleuniger, der auf die Produktion von B-Mesonen spezialisiert ist. Dazu werden Teilchen (üblicherweise Elektronen und Positronen) auf gegenläufigen Kreisbahnen auf eine ganz bestimmte Energie beschleunigt, nämlich genau 10,580 GeV im Schwerpunktsystem der Teilchen. Bei dieser Energie tritt eine Resonanz auf, da sie der Ruhemasse des ϒ(4S), einem Anregungszustand der Verbindung von einem b-Quark mit einem Anti-b-Quark, entspricht. Einem willkommenen Zufall ist es zu verdanken, dass diese Energie gerade nur 0,021 GeV über derjenigen liegt, die zur Produktion von zwei B-Mesonen benötigt wird. Der Zerfall des ϒ(4S) in zwei B-Mesonen (genauer: Bu,d-Mesonen, da die Masse der Bc,s-Mesonen bereits zu hoch liegt) ist deswegen stark bevorzugt. Als experimenteller Vorteil erweist sich auch die Möglichkeit, durch eine relativ kleine Verringerung der Kollisionsenergie die Produktion der B-Mesonen „abschalten“ zu können. Dadurch lässt sich der Untergrund von anderen, unerwünschten Teilchen studieren, der bei Experimenten der Teilchenphysik unvermeidlich ist.

Da die Energie der Resonanz nur knapp über der von der Ruheenergie der zwei B-Mesonen liegt, bekommen sie kaum kinetische Energie, sie sind also fast in Ruhe. Zur Beobachtung interessanter Effekte, wie zeitabhängige CP-Asymmetrien, ist es aber häufig nötig, dass sich die B-Mesonen schnell bewegen. Einen sogenannten Lorentz-Boost bekommen sie, indem die beiden kollidierenden Strahlenergien asymmetrisch gewählt werden. Dadurch ist der Schwerpunkt des Systems nicht in Ruhe, die B-Mesonen bewegen sich also mit dem Schwerpunkt in die gewünschte Richtung, wodurch die Messung von Zerfallszeiten durch Rekonstruktion des Zerfallsortes möglich wird. Dies ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Messung zeitabhängiger CP-Asymmetrien im System der neutralen B-Mesonen bei Zerfällen in CP-Eigenzustände, da aufgrund ihrer Erzeugung durch $ \Upsilon (4S)\rightarrow B^{0}{\bar {B}}^{0} $ beide B-Mesonen in einem verschränkten Zustand vorliegen: $ \Psi _{B{\bar {B}}}=1/{\sqrt {2}}\cdot (B{\bar {B}}-{\bar {B}}B) $. Damit ist der Zeitnullpunkt gegeben durch den Zerfall eines B-Mesons in einen Nicht-CP-Eigenzustand. Da aber der Zerfall in einen CP-Eigenzustand aber vorher stattgefunden haben kann, werden im Experiment auch negative Zeitdifferenzen gemessen. Durch derartige Präzisionsmessungen an den B-Fabriken konnte gezeigt werden, dass die beobachtbare CP-Verletzung auf eine komplexe Phase der CKM-Matrix zurückgeführt werden kann. Aufgrund dieser Bestätigung der Vorhersage von Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa wurde beiden der Nobelpreis für Physik des Jahres 2008 verliehen.

Beispiele für B-Fabriken sind der PEP-II-Beschleuniger am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in Stanford (USA), der für das BaBar-Experiment eingesetzt wird, sowie der KEKB-Beschleuniger am KEK in Tsukuba (Japan), der für das Belle-Experiment arbeitet. Beide B-Fabriken haben den Betrieb eingestellt (PEP II in 2008, KEKB in 2010). Im Bau befindlich ist in Japan die SuperB-Fabrik SuperKEKB am KEK, an dem der Nachfolger des Belle-Experiments, Belle II, voraussichtlich Ende 2016 die Datennahme aufnehmen wird.

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