Überführungszahl

Erweiterte Suche

Als Überführungszahl wird der Bruchteil des gesamten elektrischen Stromes bezeichnet, der von einer bestimmten Ionensorte transportiert wird. Zu Ehren des deutschen Physikochemikers Johann Wilhelm Hittorf wird diese Größe auch Hittorfsche Überführungszahl genannt.

Die Überführungszahl der Ionen i kann mathematisch folgendermaßen definiert werden:

$ t_{i}=\left({\frac {I_{i}}{I_{ges}}}\right) $

$ t_{i} $ Überführungszahl der Ionensorte i

$ I_{i} $ elektrischer Strom, der von diesen Ionen transportiert wird

$ I_{ges} $ gesamter elektrischer Strom

Die Überführungszahl hängt von der Ionenkonzentration und der Ionenbeweglichkeit ab. Beide Abhängigkeiten sind einfach zu verstehen: Ist die Konzentration der Ionensorte i hoch, kann von diesen Ionen ein großer Anteil des elektrischen Stroms transportiert werden. Ebenso der Zusammenhang mit der Ionenbeweglichkeit: Schnelle Ionen vermögen einen größeren Teil des Stroms zu transportieren als langsame.

Bestimmung der Überführungszahl

Die Hittorfsche Methode

Zur Bestimmung der Überführungszahl eignet sich eine in drei Räume aufgeteilte Elektrolyseapparatur. Diese setzt sich aus dem Kathodenraum, dem Mittelraum und dem Anodenraum zusammen. In den Kathoden-, sowie Anodenraum werden Platinelektroden eingetaucht. Die Elektrolyseräume werden mit dem Elektrolyten befüllt und mittels Brücke verbunden. Betrachtet man die beiden Elektrodenräume, so wird man sehen, dass die Konzentrationen der Kationen und der Anionen sich unterschiedlich ändern.

Bei diesem Experiment errechnet man die Überführungszahl folgendermaßen:

$ t_{+}=\left({\frac {q_{A+}-q_{E+}}{q_{ges}}}\right) $ Überführungszahl der Kationen

$ t_{-}=\left({\frac {q_{A-}-q_{E-}}{q_{ges}}}\right) $ Überführungszahl der Anionen

das Verhältnis zwischen der Differenz der anfangs qA und am Ende qE im entsprechenden Raum vorhandene Ladungsmenge und der durch den Elektrolyten geflossenen Ladungsmenge qges.

Die Endladungsmenge setzt sich folgendermaßen zusammen:

$ q_{E}=q_{A}-q_{ges}+t\cdot q_{ges} $

Mit der Definition der Ladungsmenge und anschließendem Auflösen der obigen Gleichung kommt man zum folgenden Ergebnis.

Definition Ladungsmenge: $ q=z\cdot F\cdot c\cdot V $

F = Faraday-Konstante ; z = Ladungszahl ; c = Konzentration des betrachteten Ions ; V = Volumen des Elektrolyseraumes

$ t_{+}=\left({\frac {z\cdot F\cdot V\left(c_{E+}-c_{A+}\right)}{q_{ges}}}\right)+1 $

$ t_{-}=\left({\frac {z\cdot F\cdot V\left(c_{A+}-c_{E+}\right)}{q_{ges}}}\right) $

Anhand dieser Gleichung kann über eine Konzentrations-, Strom- und Volumenbestimmung eines Elektrodenraums, die Überführungszahl bestimmt werden.

Aus Kenntnis der molaren Grenzleitfähigkeiten von Ionen lassen sich auch die Wanderungsgeschwindigkeiten und damit die Überführungszahlen von Ionen bei Elektrolysen ermitteln. Bei einer Elektrolyse wandern einige Ionen sehr schnell (z.B. H+, OH-) andere recht langsam (Li+, CH3COO-).

Für die Überführungszahlen von Kationen gilt: t+ = $ \nu ^{+} $ * $ \Lambda _{\rm {0}}^{+} $ / $ \Lambda _{\rm {0}} $.

Für die Überführungszahlen von Anionen gilt: t- = $ \nu ^{-} $ * $ \Lambda _{\rm {0}}^{-} $ / $ \Lambda _{\rm {0}} $.

Es ist: t- + t+ = 1.

Die Methode der wandernden Grenzfläche

Die Grenzfläche zweier aneinanderstoßender Elektrolyte verschiebt sich unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes. Verwendet man ein farbiges Ion und gelingt es, die Grenzfläche während des Versuchs einigermaßen scharf zu halten, so kann man aus der Geschwindigkeit dieser Verschiebung die Überführungszahlen bestimmen.


Im Prinzip genügt es, einmal die Überführungszahl eines beliebigen Ions zu messen. Die Ionenbeweglichkeiten aller anderen Ionen lassen sich dann durch Kombination mit diesem Ion aus Leitfähigkeitsmessungen bestimmen. Die äquivalenten Ionenbeweglichkeiten der meisten Ionen in wässriger Lösung liegen bei 3–10·10$ ^{-3} $m$ ^{2} $/(val$ \Omega $). Lediglich das Proton und das Hydroxidion sind wesentlich beweglicher. Dies beruht auf dem besonderen Bewegungsmechanismus dieser Ionen: zu der normalen Ionenwanderung tritt hier noch eine synchrone, sprunghafte Ortsveränderung vieler Protonen über zwischenmolekulare Wasserstoffbrücken.

Anwendungsbezug

Bei Salzbrücken wird darauf geachtet, dass die Überführungszahlen von Anionen und Kationen annähernd gleich sind. Eine Salzbrücke aus KCl besteht demzufolge aus zwei unterschiedlichen Ionen, die annähernd die gleiche Ionenbeweglichkeit besitzen.

Die cosmos-indirekt.de:News der letzten Tage

29.05.2023
Elektrodynamik | Festkörperphysik | Quantenoptik
Informationen schneller fließen lassen – mit Licht statt Strom
Entweder 1 oder 0: Entweder es fließt Strom oder eben nicht, in der Elektronik wird bisher alles über das Binärsystem gesteuert.
25.05.2023
Kometen und Asteroiden | Biophysik
Meteoritisches Eisen: Starthilfe bei der Entstehung des Lebens auf der Erde?
Forscher haben ein neues Szenario für die Entstehung der ersten Bausteine des Lebens auf der Erde vor rund 4 Milliarden Jahren vorgeschlagen.
24.05.2023
Festkörperphysik | Astrophysik
Das Verhalten von Sternmaterie unter extremem Druck
Einem internationalen Team von Forscher*innen ist es in Laborexperimenten gelungen, Materie unter solch extremen Bedingungen zu untersuchen, wie sie sonst nur im Inneren von Sternen oder Riesenplaneten vorkommt.
23.05.2023
Quantenphysik | Quantencomputer
Turbo für das Quanteninternet
Vor einem Vierteljahrhundert machten Innsbrucker Physiker den ersten Vorschlag, wie Quanteninformation mit Hilfe von Quantenrepeatern über große Distanzen übertragen werden kann, und legten damit den Grundstein für den Aufbau eines weltweiten Quanteninformationsnetzes.
18.05.2023
Teilchenphysik | Quantencomputer
Quantenschaltkreise mit Licht verbinden
Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen, ein weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt.
17.05.2023
Relativitätstheorie | Quantenphysik
Gekrümmte Raumzeit im Quanten-Simulator
Mit neuen Techniken kann man Fragen beantworten, die bisher experimentell nicht zugänglich waren – darunter auch Fragen nach dem Zusammenhang von Quanten und Relativitätstheorie.
16.05.2023
Sonnensysteme | Planeten | Geophysik
Die Kruste des Mars ist richtig dick
Dank eines starken Bebens auf dem Mars konnten Forschende der ETH Zürich die globale Dicke der Kruste des Planeten bestimmen.
11.05.2023
Sterne | Teleskope
Einblicke in riesige, verborgene Kinderstuben von Sternen
Mit dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA) der ESO haben Astronomen einen riesigen Infrarot-Atlas von fünf nahe gelegenen Sternentstehungsgebieten geschaffen.
10.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik | Quantencomputer
Verschränkte Quantenschaltkreise
ETH-Forschenden gelang der Nachweis, dass weit entfernte, quantenmechanische Objekte viel stärker miteinander korreliert sein können als dies bei klassischen Systemen möglich ist.
10.05.2023
Exoplaneten | Geophysik
Widerspenstiger Exoplanet lüftet seinen Schleier (ein bisschen)
Einem internationalen Forschungsteam, an dem das Max-Planck-Institut für Astronomie beteiligt ist, ist es nach fast 15 Jahren vergeblicher Anstrengungen gelungen, einige Eigenschaften der Atmosphäre des Exoplaneten GJ 1214 b zu ermitteln.
10.05.2023
Atomphysik
Forschende beschreiben flüssigen Quasikristall mit zwölf Ecken
Einen ungewöhnlichen Quasikristall hat ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Sheffield und der Jiaotong-Universität Xi'an gefunden.
08.05.2023
Quantenphysik
Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren
In der Quantenforschung braucht man maßgeschneiderte elektromagnetische Felder, um Teilchen präzise zu kontrollieren - An der TU Wien zeigte man: maschinelles Lernen lässt sich dafür hervorragend nutzen.
06.05.2023
Teilchenphysik | Kernphysik
Elektronen-Rekollision in Echtzeit auf einen Schlag verfolgt
Eine neue Methode erlaubt, die Bewegung eines Elektrons in einem starken Infrarot-Laserfeld in Echtzeit zu verfolgen, und wurde am MPI-PKS in Kooperation zur Bestätigung theoretischer Quantendynamik angewandt.
05.05.2023
Satelliten und Sonden | Quantenoptik
GALACTIC: Alexandrit-Laserkristalle aus Europa für Anwendungen im Weltraum
Alexandrit-Laserkristalle eignen sich gut für den Einsatz in Satelliten zur Erdbeobachtung.
04.05.2023
Festkörperphysik | Quantenphysik
Nanophysik: Wo die Löcher im Flickenteppich herkommen
Patchwork mit Anwendungspotenzial: Setzt man extrem dünne Halbleiternanoschichten aus Flächen zusammen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, so finden sich darin Quasiteilchen mit vielversprechenden Eigenschaften für eine technische Nutzung.
03.05.2023
Sterne | Teleskope
Astronomen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne
Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat.