Rohöl-Aufsuchungs AG

Rohöl-Aufsuchungs AG

Die Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft (RAG) ist das älteste in Österreich bestehende Unternehmen auf dem Gebiet der Erdölsuche und Erdölförderung. Die Anteilseigner der RAG sind EVN (50,025 %), E.ON Ruhrgas (29,975 %), die Steirische Gas Wärme GmbH (10 %) und die Salzburg AG (10 %):

Im Jahr 2008 betrug die Förderungsmenge in Österreich rund 104.000 Tonnen Erdöl und 320 Mio. Kubikmeter Erdgas, was 12 bzw. 21 % der österr. Gesamtproduktion entspricht; dazu kommen noch Bohrungen in Bayern. An Erdgasspeichern hat die RAG mit Haidach und Puchkirchen die größten Kapazitäten Mitteleuropas, die in der Gaskrise 2008 etwa 40 % des österr. Bedarfs lieferten. Sie wurden bis 2011 von 2 auf 4 Mrd.m³ verdoppelt und werden in den Folgejahren durch weitere Speicher im Grenzgebiet Salzburg/Oberösterreich ergänzt.

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1935 als Rohöl-Gewinnungs AG von der Socony-Vacuum Oil, Inc. (heute Exxon Mobil Corporation) und der N.V.de Bataafsche Petroleum Maatschappij (heute Royal Dutch Shell) gegründet, gelang 1937 der erste größere Ölfund mit der Sonde RAG II etwa zwei Kilometer nördlich von Zistersdorf. Die Gesellschaft sicherte sich 1936 und 1937 mit 7000 Freischürfrechten den größten Teil des Wiener Beckens.

Als nach dem Staatsvertrag 1956 die aus der Sowjetischen Mineralölverwaltung hervorgegangene ÖMV-AG in Ostösterreich zu dominieren begann, verlagerte die RAG allmählich den Schwerpunkt ihrer Förderung nach Oberösterreich.

Marksteine der Ölförderung

Zisterdorfer Ölfeld und sowjetische Besatzung

1938 erfolgte mit der Erschließung des Ölfeldes Gaiselberg jener Ölfund, der das Städtchen Zistersdorf zum Inbegriff für den Erdölreichtum des Wiener Beckens machte. Die ölführenden Schichten des Feldes Gaiselberg, knapp einen Kilometer südwestlich von Zistersdorf gelegen, erstrecken sich über eine Fläche von nur etwa 2,5 km², jedoch existieren dort entlang eines geologischen Bruchs (des sogenannten Steinbergbruchs) eine Anzahl Öl führender Schichten übereinander, deren Tiefe von 800 m bis fast 2400 m reicht.

In der Zeit des "Anschlusses" Österreichs an Nazi-Deutschland von 1938 bis 1945 wurde die RAG als "Feindbesitz" durch einen deutschen Vermögensverwalter weiter geführt. In der 1945-1955 folgenden Zeit der sowjetischen Besatzung Ostösterreichs erfolgte trotz Beschluss 1946 de facto keine Verstaatlichung der RAG, jedoch wurde der Großteil des Bohrgeräts als Kriegsbeute in die UdSSR verbracht und die gesamte Förderung musste an die Sowjetische Mineralölverwaltung abgegeben werden. Damit erfolgte auch eine Beschränkung der Förderrechte im Wiener Becken auf die beiden vor 1945 bestehenden Ölfelder RAG/Gösting und Gaiselberg, bei der es auch nach Abzug der sowjetischen Besatzungsmacht 1955 blieb.

Die RAG erhielt jedoch 1948 und 1951 von der Geologischen Bundesanstalt Forschungsaufträge in der damaligen US-Besatzungszone in Oberösterreich. Mit einer neuen Tiefbohranlage wurde im Mai 1956 bei Puchkirchen der erste große Ölfund Österreichs außerhalb des Wiener Beckens gemacht. Die Folgejahre verliefen eher ernüchternd. Nur bei Ried im Innkreis wurde 1959 ein bedeutenderes Ölfeld entdeckt.

Konzessionen in Oberösterreich

1960 erfolgte eine Ausweitung des Konzessionsgebietes der RAG in Oberösterreich in den Raum südlich von Wels. Schon 1962 erfolgte die Entdeckung des bisher ergiebigsten österreichischen Ölfeldes außerhalb des Wiener Beckens, und zwar in Voitsdorf in der Gemeinde Ried im Traunkreis. Das Feld erstreckt sich in Ost-West-Richtung über rund 10 km und wurde über 43 Bohrungen erschlossen, wovon 2007 noch 10 zur Förderung genutzt wurden. Die Nord-Süd-Erstreckung beträgt nur etwas mehr als einen Kilometer. Aus den beiden in 2100 bis 2200 m Tiefe liegenden Öl führenden Horizonten konnten bisher mehr als 3 Mio. Tonnen Erdöl gewonnen werden.

In der Umgebung des Feldes Voitsdorf wurden bis 1980 weitere größere Ölfelder erschlossen: Eberstalzell (bisherige Ölförderung ca. 500.000 Tonnen; 2012 3 Sonden aktiv), Engenfeld (ca. 150.000 Tonnen; 2012 eine Sonde aktiv), Oberaustall (ca. 200.000 Tonnen; 2012 1 Sonde aktiv), Sattledt (ca. 1 Mio. Tonnen, 2012 6 Sonden aktiv) und Steinhaus (ca. 200.000 Tonnen; 2012 eine Sonde aktiv).

1968 wurde mit 419.118 Tonnen Rohöl die höchste Jahresförderung in der Unternehmensgeschichte erreicht, wovon mehr als die Hälfte aus dem Feld Voitsdorf stammte. Danach war die Erdölförderung rückläufig und erreichte 2005 ihren vorläufigen Tiefpunkt mit nur noch 75.275 Tonnen. Seither stieg die Förderung durch Entdeckung größerer Lagerstätten in Hiersdorf westlich von Wartberg an der Krems sowie bei Bad Hall und Sierning auf 2011 123.704 Tonnen (15 % der österreichischen Erdölförderung) an, wovon 104.204 Tonnen aus dem Voralpenland Oberösterreichs und 19.500 Tonnen aus den beiden Feldern bei Zistersdorf stammten.

Insgesamt jeweils etwa 50 Erdöl- und Erdgasfelder wurden bislang von der RAG in Österreich erschlossen. Infolge der gestiegenen Ölpreise konnte die in Österreich relativ teure Erschließung von Erdöllagerstätten in den letzten Jahren wieder intensiviert werden. Dies führte nach 2000 zu mehreren größerer Ölfunden im östlichen Konzessionsgebiet rund um den Kurort Bad Hall.

Erdgasförderung

In den 1970er Jahren gewann die Erschließung von Erdgas-Lagerstätten eine größere Bedeutung. Besonders im westlichen Oberösterreich jeweils etwa 15 km beiderseits einer Linie von Kremsmünster nach Burghausen wurde eine Vielzahl an mittleren und kleineren Erdgasvorkommen entdeckt, die zumeist in Tiefen von 500 m bis 1500 m liegen. 1977 wurde die größte Jahresförderung mit fast 880 Mio. Kubikmeter Erdgas erzielt. 2012 betrug die Jahresförderung 272 Mio. Kubikmeter Erdgas (rund 17 % der österreichischen Erdgasförderung).

Die RAG nutzt überdies mehrere seiner Erdgaslagerstätten als Untergrundspeicher. Das Gasfeld Puchkirchen bei Timelkam wurde ab 1982 sukzessive in einen unterirdischen Gasspeicher ausgebaut. Nach Erweiterungen 1995 und 2002 beträgt die Kapazität gegenwärtig rund 860 Mio. Kubikmeter Erdgas. Bis 2010 wurde unter Einbeziehung des Gasfeldes Haag am Hausruck ca. 20 km nördlich des bestehenden Speichers die Kapazität auf 1,1 Mrd. Kubikmeter Erdgas erhöht.

Im Mai 2007 ging bei Straßwalchen der Speicher Haidach in Betrieb. Nach einer Erweiterung 2011 und mit einer Kapazität von rund 2,6 Mrd. Kubikmeteren Erdgas, was einem Drittel des österreichischen Jahresbedarfs entspricht, ist er der derzeit zweitgrößte Erdgasspeicher Westeuropas.

Mit dem Projekt "Seven Fields" werden weitere ehemalige Erdgaslagerstätten zur Nutzung als Untergrundspeicher adaptiert. 2011 erfolgte die Inbetriebnahme der Speicher Zagling bei Straßwalchen und Nussdorf mit zusammen rund 1,2 Mrd. Kubikmetern. 2011 war Baubeginn für den Speicher Oberkling/Pfaffstätt südwestlich von Mattighofen.

Chronologie

  • 1935: Gründung als "Rohöl-Gewinnung AG"
  • 1936: Erster stählerner Bohrturm bei Zistersdorf
  • 1937: Erster Ölfund mit der Bohrung RAG II in Zistersdorf; Einführung des Counterflush-Bohrverfahrens und des gerichteten Bohrens, erstmals Schlumberger-Messungen
  • 1938: Einführung der Reflexionsseismik
  • 1956: Erster bedeutender Ölfund in Oberösterreich (Puchkirchen 1)
  • 1963: Beginn der Erschließung des Ölfeldes Voitsdorf (größtes Ölfeld in Oberösterreich)
  • 1968: Maximum der Erdölförderung (419.118 Tonnen)
  • 1973: Änderung des Firmennamens in "Rohöl Aufsuchungs Ges.m.b.H.)
  • 1977: Maximum der Erdgasförderung (880 Mio. Kubikmeter)
  • 1982: Baubeginn des unterirdischen Erdgasspeichers "Puchkirchen" bei Timelkam
  • 1983: Erstmaliger erfolgreicher Versuch des CO2-Flutens in Westeuropa
  • 1992: Namensänderung in "Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft"
  • 1997: Konzessionserteilung in Bayern (ca. 2900 km²)
  • 2000: Weltweit erster Einsatz der Expandable Technologie (Casing clad)
  • 2007: Inbetriebnahme des zweitgrößten unterirdischen Erdgasspeichers Europas in Haidach bei Straßwalchen

Weblinks