Pictet-Spengler-Reaktion

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Die Pictet-Spengler-Reaktion ist eine chemische Reaktion zur Herstellung von Heterocyclen. β-Arylethylamine, wie zum Beispiel Tryptamin, cyclisieren mit einem Aldehyd unter Wasserabspaltung. Die Reaktion wird in der Regel Säure-katalysiert und in der Hitze durchgeführt.[1][2] Besonders reaktive Aromaten geben schon unter physiologischen Bedingungen gute Ausbeuten. [3] Bei der Pictet-Spengler-Reaktion handelt es sich um einen Spezialfall der Mannich-Reaktion.


Bruttogleichung der Pictet-Spengler Reaktion

Die Reaktion wurde im Jahr 1911 von Amé Pictet und Theodor Spengler beschrieben und hat sich zu einer wichtigen Reaktion für die Synthese von Alkaloiden und von pharmazeutischen Wirkstoffen entwickelt.

Besonders nucleophile Aromaten wie Indole oder Pyrrole ergeben unter milden Bedingungen die Ringschlußprodukte in guten Ausbeuten. Wenig nucleophile Aromaten wie Phenyl führen hingegen zu schlechten Ausbeuten bzw. benötigen hohe Temperaturen und starke Säuren. Die von Pictet und Spengler publizierte Reaktion wurde mit β-Phenethylamin und dem Formaldehyd-dimethylacetal mit Salzsäure durchgeführt und als Produkt wurde Tetrahydroisochinolin erhalten.

Wie die Mannich-Reaktion ergeben die unreaktiveren Ketone entweder nur geringe Ausbeuten oder gehen überhaupt keine gewünschte Reaktion ein.

Die Pictet-Spengler-Reaktion wurde erfolgreich in der Festphasensynthese in der kombinatorischen Chemie angewandt.[4][5] Die analoge Reaktion mit Aryl-β-ethanol (anstatt des Amins) wird Oxa-Pictet-Spengler-Reaktion genannt.

Reaktionsmechanismus

Der Aldehyd reagiert zunächst mit dem Amin. Nach einer Protonierung und anschließender Wasserabspaltung entsteht ein Iminiumion. Die Triebkraft der Reaktion ist die Elektrophilie des Iminiumions welches nun von dem elektronenreicheren, aromatischen Ring angegriffen werden kann. Nach Abspaltung eines Protons (unter Rearomatisierung) wird der Heterocyclus erhalten.[6] Die Reaktion ist eine 6-endo-trig Reaktion welche nach den Baldwin-Regeln bevorzugt ist.


Mechanismus der Pictet-Spengler Reaktion

Varianten

Tetrahydroisochinolin-Synthese nach Pictet-Spengler

Nach dem Prinzip der Pictet-Spengler-Reaktion können Tetrahydroisochinoline synthetisiert werden. Die Reaktionsbedingungen sind vergleichsweise drastisch, es werden höhere Temperaturen und stärkere Säuren wie Salzsäure, Trifluoressigsäure oder gar Supersäuren benötigt.[7].

Tetrahydroisochinolin-Synthese

N-Acyliminium-Variante der Pictet-Spengler-Reaktion

Reaktionsträge Aromaten können unter milden Bedingungen zur Reaktion gebracht werden. Dabei wird ausgenutzt, dass ein N-Acyliumiminiumion ein ausgezeichnetes Elektrophil ist. Durch Umsetzung eines Acylierungsmittels (z. B. ein Säurechlorid oder -anhydrid) wird das Amin aktiviert und die Reaktion findet über das N-Acyliumiminiumion als reaktives Zwischenprodukt statt.[8]

N-Acyliminium-Variante der Pictet-Spengler-Reaktion

Tadalafil wurde über die N-Acyliminium Pictet-Spengler-Reaktion hergestellt.[9]

Siehe auch

Mannich-Reaktion

Einzelnachweise

  1. A. Pictet, T. Spengler: In Über die Bildung von Isochinolin-derivaten durch Einwirkung von Methylal auf Phenyl-äthylamin, Phenyl-alanin und Tyrosin Chem. Ber. 1911, 44,2030–2036.
  2. W.M. Whaley, T.R. Govindachari: In The Pictet-Spengler synthesis of tetrahydroisoquinolines and related compounds Org. React. 1951, 6, 74.
  3. G. Hahn, H. Ludewig: In Synthese von Tetrahydro-harman-Derivaten unter physiologischen Bedingungen Chem. Ber. 1934, 2033.
  4. T.E. Nielsen, F. Diness, M. Meldal: In Solid-Phase Synthesis of Pyrroloisoquinolines via the Intramolecular N-Acyliminium Pictet-Spengler Reaction Curr. Opin. Drug Discov. Devel. 2003, 6, 801–814.
  5. T. E. Nielsen, M. Meldal: In Solid-Phase Synthesis of Pyrroloisoquinolines via the Intramolecular N-Acyliminium Pictet-Spengler Reaction J. Comb. Chem. 2005, 7, 599-610.
  6. Cox, Cook: In The Pictet-Spengler condensation: a new direction for an old reaction Chemical Reviews 1995, 95, 1800–1802.
  7. A. Yokoyama: In Prototype Pictet−Spengler Reactions Catalyzed by Superacids. Involvement of Dicationic Superelectrophiles J. Org. Chem. 1999, 64, 611–617.
  8. B. E. Maryanoff, H.-C. Zhang, J. H. Cohen, I. J. Turchi, C. A. Maryanoff: In Cyclizations of N-acyliminium ions Chem. Rev. 2004. 104, 1431–1628.
  9. D. Bonnet, A. Ganesan: In Solid-Phase Synthesis of Tetrahydro-β-carbolinehydantoins via the N-Acyliminium Pictet-Spengler Reaction and Cyclative Cleavage J. Comb. Chem. 2002, 4, 546–548.

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