Mutterkornpilz
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- Lebensmittelmikrobiologie
- Getreide
Mutterkorn | ||||||||||||
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Vegetationsformen des Mutterkornpilzes | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Claviceps purpurea | ||||||||||||
(Fr.) Tul. | ||||||||||||
Varietäten | ||||||||||||
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Der Mutterkornpilz (Claviceps purpurea) ist ein zu den Mutterkornpilzen (Gattung Claviceps) gehörender Schlauchpilz, der auf Roggen und anderen Süßgräsern wächst und parasitiert. Eine Infektion der Ähren der Gräser ist durch die vom Mutterkornpilz gebildeten purpurfarbenen bis schwarzen Sklerotien, den Mutterkörnern, zu erkennen. Die Bezeichnung Mutterkorn fußt auf der früheren Verwendung als Abtreibungsmittel (Wirkung auf die Gebärmutter), da die Inhaltsstoffe Wehen auslösend sind. Im 17. Jahrhundert wurde die Droge in die Praxis von Heilern oder Badern eingeführt.
Vorkommen
Claviceps purpurea ist insbesondere in Regionen mit gemäßigtem Klima anzutreffen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Vertretern seiner Gattung zeigt Claviceps purpurea nur eine relativ geringe Wirtsspezifität. Neben dem Roggen, der bevorzugten Wirtspflanze, parasitiert der Mutterkornpilz auch auf anderen Getreidearten, einschließlich Triticale, Weizen, Hafer und Gerste, sowie auf Wildgräsern wie der Quecke, Lolch oder Acker-Fuchsschwanzgras. Diese geringe Selektivität ermöglicht dem Pilz das Überleben auf Wildgräsern am Feldrain nach der Getreideernte und eine Neuausbreitung nach der nächsten Aussaat.
Fortpflanzung
Der Mutterkornpilz ist zur geschlechtlichen (sexuellen) und zur ungeschlechtlichen (asexuellen) Vermehrung befähigt. Wie bei allen Schlauchpilzen überwiegt die haploide Phase. Eine diploide Phase spielt nur für kurze Zeit bei der geschlechtlichen Vermehrung eine Rolle.
Primärinfektion (geschlechtlich)
Zur Zeit der Ausreifung fallen die Sklerotien gemeinsam mit den Getreidekörnern zur Erde und überwintern. Im folgenden Frühjahr entwickeln sich aus dem Sklerotium unter Verschmelzung kompatibler Hyphen mehrere gestielte köpfchenartige Fruchtkörper mit zahlreichen diploiden Perithecien. Jedes Perithecium bildet im Inneren zahlreiche schlauchförmige Asci, die unter meiotischen Teilungen jeweils acht haploide Ascosporen produzieren. Zum Zeitpunkt der Gräser- und Getreideblüte werden die Ascosporen freigesetzt und mit dem Wind verbreitet und dringen als Keimhyphen über die Narben unbefruchteter Blüten in die Fruchtknoten ein. Diese Art der Infektion wird auch als Primärinfektion bezeichnet.
Sekundärinfektion (ungeschlechtlich)
Aus dem Myzel des Mutterkornpilzes während des Sphacelia-Stadiums vor der Bildung des Sklerotiums entwickeln sich durch Abschnürung an Hyphen die Konidiosporen. Diese Konidiosporen werden durch das Reiben zwischen den Ähren, über den Regen, über den Wind oder über Insekten, die vom Honigtau, eine vom Mutterkornpilz durch Zersetzung des Getreidesamens gebildete süße Flüssigkeit, angelockt werden, verbreitet. Die Konidiosporen gelangen ähnlich der Ascosporen in den Fruchtkörper der blühenden Gräser. Die Bedeutung der Insekten bei der Sekundärinfektion nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein[3][4].
Bildung des Sklerotiums
Nach einer Infektion der Fruchtkörper blühender Gräser bildet sich aus den Sporen ein Pilzmyzel. Dieses durchwuchert im Sphacelia-Stadium den Fruchtknoten unter Bildung einer weichen weißen Masse. Später tritt daraus unter Zersetzung der Frucht der Honigtau aus. Das Myzel reift schließlich zu einem hornartigen, dunkelpurpurnen bis schwarzen Sklerotium, der Dauerform des Mutterkornpilzes, heran.
Kultivierung
Der Mutterkornpilz kann durch Infektion von Getreidefeldern (parasitische Kultur) oder in vitro kultiviert werden (saprophytische Kultur). Seine Kultivierung dient der Gewinnung der Droge Mutterkorn und der daraus zu gewinnenden Mutterkornalkaloide.
Freilandkultur
Die parasitische Kultur erfolgt durch Beimpfung von Roggen- oder Triticalepflanzen mit einer aus einer In-vitro-Kultur gewonnenen Konidiensuspension mit Hilfe von Impfmaschinen, kurz nachdem die Ähren aus den umgebenden Hüllblättern hervortreten. Nach der Ernte des Getreides können die durch den Mutterkornpilz infizierten Körner maschinell ausgelesen werden. Die Methode der parasitischen Kultur besitzt auf Grund von gesundheitlichen Risiken heute kaum noch eine Bedeutung[5].
In-vitro-Kultur
Zur Gewinnung der vom Mutterkornpilz produzierten Mutterkornalkaloide werden heute vorrangig saprophytische In-vitro-Kulturverfahren unter Verwendung selektierter Claviceps-purpurea-Stämme, die unter diesen Bedingungen zur Alkaloidproduktion befähigt sind, benutzt. Die besten Ausbeuten werden mit Hilfe der Submersfermentation unter Verwendung verschiedener Wachstums- und Produktionsmedien erreicht[6]. Im Labormaßstab kann der Mutterkornpilz auch auf Agarmedien kultiviert werden.
Inhaltsstoffe
Der Mutterkornpilz produziert giftige Alkaloide, die Mutterkornalkaloide. Sie sind durch eine Ergolin-Struktur gekennzeichnet. Zu den Mutterkornalkaloiden gehören beispielsweise Ergotamin, Ergometrin und α-Ergokryptin. Zu den toxischen Effekten von Mutterkornalkaloiden zählen Darmkrämpfe, Halluzinationen sowie das Absterben von Fingern und Zehen aufgrund von Durchblutungsstörungen, die das Krankheitsbild Ergotismus (Antoniusfeuer, Mutterkornbrand) prägen. Andererseits können die Alkaloide, die durch Kultivierung von Claviceps purpurea gewonnen werden, auch medizinisch eingesetzt werden, beispielsweise zum Blutstillen nach der Geburt (Ergometrin, Methylergometrin) und zur Behandlung akuter Migräneanfälle (Ergotamin).
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ Pažoutová et al., 2000: Chemoraces and Habitat Specialization of Claviceps purpurea Populations
- ↑ Douhan et al., 2008: Multigene analysis suggests ecological speciation in the fungal pathogen Clavicepes purpurea
- ↑ Butler MD, Alderman SC et al, 2001: Association of insects and ergot (Claviceps purpurea) in Kentucky bluegrass seed production fields
- ↑ MIELKE, H., 1993: Untersuchungen zur Bekämpfung des Mutterkorns. – Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd./Braunschweig 45, 5/6, 97-102.
- ↑ Parasitic Production of Ergot Alkaloids. In: Ergot: The Genus Claviceps, Ladislav Cvak (en), S. 303-320, Harwood Academic 1999, ISBN 9789057023750
- ↑ Saphrophytic Cultivation of Claviceps. In: Ergot: The Genus Claviceps, Ladislav Cvak (en), S. 321-372, Harwood Academic 1999, ISBN 9789057023750