Künstliche DNA

Künstliche DNA

Sogenannte Künstliche DNA (kDNA) sind synthetisch hergestellte Oligonukleotide, welche – auch mit weiteren Zusatzstoffen – aktiv bzw. präventiv in der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminaltechnik verwendet werden.

Varianten und Einsatzmöglichkeiten

Diebstahlschutz durch DNA, Warnschild in Bremen
Mikrolithographisches Plättchen auf Kupferdraht
Mikrolithographische Plättchen
Überfallschutz durch Sicherheitsnebelanlage mit DNA
Tatwerkzeug aus Diebstahlshandlung von mit LinkDNA FIMS markierten Kabeln
Tatwerkzeug aus Diebstahlshandlung von mit LinkDNA FIMS markierten Kabeln

Die Flüssigkeit enthält künstlich hergestellte Oligonukleotide, wobei die Einzigartigkeit jeder Charge sichergestellt ist und der Anwender zurückverfolgt werden kann. Zusatzstoffe lassen die Substanz zum Beispiel mittels UV-Licht sichtbar werden. Ebenso ist ein Zufügen von Mikropunkten mit eindeutigem Code möglich, die unter dem Mikroskop erkennbar und lesbar sind. Auch bei der Größe und damit verbunden den Anwendungsgebieten gibt es Unterschiede. Die Firma SelectaDNA verwendet Punkte aus Kunststoffen mit einem Radius von ca. 1 mm. Bei der von Philipp Cachée 2008 entwickelten forensischen Markierungslösung Namens LinkDNA sind zusätzlich zu den DNS-Oligos sogenannte „mikrolithographische Plättchen“ mit einer Größe von 0,2 bis 0,4 mm aus Metall (für Sonderlösungen auch aus anderen Materialien) enthalten. Auf der Rückseite der mikrolithographische Plättchen ist ein kundenspezifisches Hologramm aufgebracht, um eine sofortige Identifizierung den Exekutiv-Behörden zu ermöglichen (siehe Bild). Im Bezug auf die Anwendung im Kampf gegen Buntmetalldiebstahl sollen damit auch Schrotthändler in die Lage versetzt werden, Diebesgut zu erkennen, um sich nicht selbst wegen zum Beispiel Hehlerei strafbar zu machen.

Als Weiterentwicklung gibt es von Cachée nun auch olfaktorische Fahndungsmöglichkeiten nach der Markierung. Spürhunde werden so in die Lage versetzt große Areale wie zum Beispiel ganze Schrottplätze, Lkw´s etc. nach markierten Kabeln oder auch anderen markierten Gegenständen abzusuchen. Nähere Details auch über das Verfahren und die eingesetzten Geruchsstoffe sind aus ermittlungstaktischen Gründen geheim.[1].

Bereits im Januar 2012 wurden von ihm auch für den ausschließlichen Behördeneinsatz Einsaztmittel entwickelt und erfolgreich getestet. So zum Beispiel ballistische Lösungen zur Markierung von einzelnen Personen in Menschenansammlungen oder Reizstoffsprühgeräte mit DNS Zusatz (zur späteren Identifikation von flüchtenden Tätern bzw. zum Nachweis des Mißbrauchs und der damit verbundenen Zuordnung zum Anwender). Am Beispiel der 1.Mai Demonstrationen in Berlin, können so gezielt Störer markiert werden, ohne das der Beamte dafür in die unmittelbare, zum Teil gefährliche, Konfrontation geht - sondern der Störer wird dann ausserhalb des Schutzes durch andere Demonstranten "abgefischt" und der weiteren Strafverfolgung zugeführt. Diese Markierungsgeschoße sind denen des Paintballs cal .68 bis auf den Inhalt und die Schußenergie der Waffenbesitzkarten-pflichtigen eingesetzten Waffe (z.B.: Flinte Walther SG 68 Energie ca. 16 Joule - Treffgenauigkeit auf ca. 30 m)ähnlich. Um nicht unbeteiligte Personen zu gefährden/markiern wurde hier absichtlich auf Grund der stabileren Schußbahn eine Langwaffe gewählt. Der Inhalt des ballisitschen Geschosses besteht aus gelösten DNS Oligos, greller Signalfarbe, nur unter UV Licht sichtbaren Farbstoffen und Geruchsstoffe für den Diensthundeeinsatz. Es gibt auch noch andere Versionen cal 12/70 bzw. 40x46 mm um mehrere Personen später zum Beispiel einem Ort zuordnen zu können. Weitere Angaben machte der Erfinder aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. Um die Schußwaffe von tödlichen Schußwaffen zu unterscheiden, wird die Waffe in oranger Signalfarbe ausgeliefert.

Es gibt auch Flüssigkeiten ohne DNA, die nur Mikropunkte enthalten. Diese werden fälschlicherweise als künstliche DNA bezeichnet, weil das Synonym »DNA« zur Aufwertung wird. Dies führt in der Praxis häufiger zu Irreführungen, sowohl beim Endanwender als auch bei Behörden, da eventuell teure DNA-Sequenzierungen gemacht werden und im Zuge der PCR festgestellt wird, dass gar keine DNA enthalten ist.[2]

Primär wird künstliche DNA zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung bei Eigentumsdelikten verwendet bzw. als Fangstoff bei behördlicher Anwendung. Das Ziel besteht darin, eine abschreckende Wirkung durch eine eindeutige Verknüpfung des Diebesgutes zum Eigentümer oder des Täters zum Tatort sicherzustellen.

Die Möglichkeiten der Kriminalitätsbekämpfung ergeben sich wie folgt:

  1. Markierung von Gegenständen. Durch eine DNA-Analyse kann der markierte Gegenstand dem Eigentümer zugeordnet werden.
  2. Markierung von Personen durch eine Sprühvorrichtung (DNA-Dusche oder auch Reizstoffsprühgerät mit DNA-Zusatz). Alle Personen die durch die Türe gehen werden im Alarmfall besprüht und sind dem Tatort zuzuordnen.
  3. Markierung von Personen durch „Sicherheitsnebelsysteme“. Der Tatverdächtige stoppt den gegenwärtigen Angriff, da er nichts mehr sehen kann, und wird zeitgleich durch den Nebel markiert. Sind weitere Personen anwesend, so werden auch diese eindeutig mit dem Tatort verbunden. Der Vorteil dieses Systems gegenüber der DNA-Dusche ist, dass der Täter durch unmittelbare Sichtblockade und den natürlichen Fluchtreflex die Tathandlung voraussichtlich unterbrechen wird.[3]

Weder die DNA-Dusche noch das Sicherheitsnebelsystem sind als alleiniges Beweismittel für eine Überführung ausreichend, sondern dienen den Ermittlungsbehörden als Hilfsmittel bzw. Indiz für weitere Ermittlungsansätze.

Eine gute, die tatsächliche Anwendung begleitende Präventionsstrategie, zum Beispiel in Form von Hinweisschildern, Aufklebern etc., soll Täter von der Tat bereits im Ansatz zur Begehung abhalten. Es gibt jedoch ein erhebliches Risiko, nur Aufkleber anzubringen, ohne tatsächlich Markierungen vorgenommen zu haben, spätestens im Falle eines Einbruchs oder Diebstahls ist die Glaubwürdigkeit des Geschädigten schnell in Frage gestellt.

In einem Pilotprojekt für Deutschland wird das Verfahren in Bremen seit dem 18. Oktober 2009 erstmals zum Schutz wertvoller Objekte und Computer an Schulen eingesetzt.[4] Mehrjährige Erfahrungen damit gibt es bereits in Großbritannien und den Niederlanden, wo angeblich eine Reduzierung bei bestimmten Delikten um bis zu 80 Prozent erzielt werden konnte. Kritiker halten diese Zahlen für unseriös, da eine verifizierbare statistische Analyse fehlt.[5]

Im Kampf gegen Produktpiraterie sind verschiedene Verfahren schon einige Jahre länger im Einsatz.[6]

Mitte November 2011 verbreitete die Deutsche Bahn AG, künstliche DNA als Vorbeugemaßnahme gegen Kabeldiebstahl einzusetzen.[7] Hier kommen zusätzlich erstmals Verfahren zum Einsatz, welche sowohl den Kabelmantel von außen als auch über spezielle Instrumente die Kabelseele unterhalb des Mantels selbst markieren. Damit wird es für den potentiellen Täter unmöglich zu wissen, ob das Kabel, welches er vor hat zu stehlen, ein markiertes ist oder nicht. Das zur Anwendung kommende Verfahren wurde von dem zivilen Labor für Kriminaltechnik und forensische Chemie der ACTC GmbH entwickelt und in diesem Zusammenhang erstmals als Anwendung zur Sicherung der Kabel der Deutschen Bahn AG öffentlich vorgestellt. Das Verfahren hat den Namen LinkDNA - FIMS (d.h. Forensisches Injektions-Markierungs-System) – nähere Angaben macht der Hersteller aus „ermittlungstaktischen Gründen“ nicht. Ein weiterer Vorteil des verborgenen Verfahrens ist, dass die DNA innerhalb des Kabelmantels vor mechanischen und klimatischen Einflüssen weitgehend geschützt ist.[8][9]

Das Verfahren wurde fortwährend weiterentwickelt und findet seit Mitte 2012 zunehmend Anwendung in verschiedenen Bereichen der Industrie und auch als Heimmarkierungsset für Jedermann. Erste positive Ergebnisse der Präventions-Wirkung liegen seitens der Deutschen Bahn AG vor, welche den Einsatzbereich nun ausweiten wird. Gemeinsam mit anderen Konzernen wie der Telekom und RWE[10] bzw. dem Verband der Metallhändler VDM e. V. wurde eine Sicherheitspartnerschaft zum gemeinsamen Kampf gegen die steigenden Zahlen der Buntmetalldiebstähle gegründet. [11][12]

Rezeption

Im Radio-Tatort Ein klarer Fall von Radio Bremen thematisierte John von Düffel im erstmals am 17. Mai 2012 im Hörspiel Pro und Contra der Methode.

Siehe auch

  • Steganographie
  • Mikropunkt

Literatur

Einzelnachweise