Goldreserve

Goldreserve

Internationale Goldreserven von 1845 bis 2012 in Tonnen

Als Goldreserve werden nationale Goldbestände bezeichnet, die meist im Verantwortungsbereich einer Zentralbank oder eines Finanzministeriums stehen.

Zweck nationaler Goldreserven

Goldlager der Federal Reserve Bank von New York

Der Zweck nationaler Goldreserven bestand früher zumeist in der Deckung von Währungen durch den Goldstandard. Heute wird Gold als nationale Reserve für Krisenzeiten sowie als Risikoausgleich zu Schwankungen des US-Dollar aufbewahrt. Zudem bedeutet ein hoher Goldbestand auch hohe Unabhängigkeit, da Gold jederzeit als Zahlungsmittel dienen kann.

Die überwiegende Zahl der Notenbanken reduzierte ihre Goldbestände zum Ausgleich von Staatsschulden. Der Anteil der internationalen Goldreserven an den gesamten Währungsreserven ist in den letzten drei Jahrzehnten durch Verkäufe und eine geringere Bedeutung für die Währungssicherung von 60 % 1980 auf 10 % 2006 zurückgegangen.[1] In jüngster Zeit ist die Bedeutung des Goldes wieder gestiegen, da der Kurs stark gestiegen ist.

Da die Deutsche Bundesbank unabhängig ist, obliegt es ihr allein, ob sie einen Teil ihrer Reserven verkauft oder nicht. Die Staaten mit den größten Goldreserven haben sich darauf geeinigt, nicht ohne Absprachen Gold auf den Markt zu bringen; dies soll den Goldpreis stabilisieren. Ein gleichzeitiger Verkauf der Goldreserven aller Notenbanken würde den Goldpreis zusammenbrechen lassen und der erzielte Erlös läge weit unter dem theoretischen Marktwert.

Am 26. September 1999 schlossen in Washington, D.C. 15 europäische Notenbanken, darunter auch die Europäische Zentralbank, das sogenannte Central Bank Gold Agreement (CBGA), in welchem die Volumina der Goldverkäufe für die folgenden fünf Jahre geregelt wurden. Das erste Abkommen CBGA I (1999–2004) erlaubte den Notenbanken pro Laufzeitjahr, jeweils beginnend am 27. September, den Verkauf von maximal 400 Tonnen. Im Rahmen von CBGA II (2004–2009) wurde die maximale Verkaufsmenge auf 500 Tonnen pro Laufzeitjahr angehoben.[2] Im Goldabkommen CBGA III (2009–2014) wurde eine maximale Verkaufsmenge von 400 Tonnen pro Jahr vereinbart.[3] In dem Vertrag besitzt Deutschland eine Option auf einen Verkauf.

Goldreserven und Kriege

Goldreserven können für Politik und Militär von Bedeutung sein. Kriege waren ohne Kriegskasse, auch Kriegsschatz genannt, kaum möglich. Es konnte ein Kriegsziel sein, den Staatsschatz eines angegriffenen Landes zu erbeuten.

1865 bildete sich die Lateinische Münzunion. Sie war eine Währungsunion zwischen Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und Griechenland, die vom 23. Dezember 1865 faktisch bis 1914 und formal bis zum 31. Dezember 1926 bestand. Der in der Lateinischen Münzunion festgelegte Bimetallismus zwischen Gold- und Silbermünzen wurde wie folgt dargestellt: Zwei silberne 5-Franc-Stücke (= 45 Gramm Feinsilber) entsprachen einem goldenen 10-Franc-Stück (= 2,9032 Gramm Feingold), also 15,5:1. Nur das silberne 5-Franc-Stück war neben den Goldmünzen als Kurantmünze vorgesehen.

Nach dem Deutsch-französischen Krieg 1870/71 forderte und erhielt das Deutsche Reich von Frankreich Reparationen in Höhe von fünf Milliarden Französischen Francs. So flossen dem Deutschen Reich große Mengen Gold und Silber in Münzform zu. Diese waren einer der Auslöser für den Wirtschaftsboom in der Gründerzeit. Unter anderem wurden mit ihnen Infrastrukturmaßnahmen im ganzen Deutschen Reich finanziert, zum Beispiel Poststationen in Ostpreußen, Kirchen und Schulen in der Pfalz und im Elsass. Die französische Wirtschaft wurde durch die Aufbringung der Kriegsentschädigungen in ihrer Entwicklung gebremst. Das Deutsche Reich wuchs auch in seiner Bevölkerung und wurde die größte Volkswirtschaft der Welt.

Ein kleiner Teil von 120 Mio. FF wurde als Reichskriegsschatz im Juliusturm der Zitadelle Spandau eingelagert und fiel nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zurück an Frankreich.

Kurz nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 ließ das NS-Regime die Goldreserve und die Devisenreserven Österreichs, die auf Grund der deflationistischen Wirtschaftspolitik der Regierungen in den 1930er Jahren beachtliche Bestände erreicht hatten, in das devisenarme Deutschland transportieren. So gerieten mehr als 2,7 Milliarden Schilling an Gold und Devisen unter NS-Kontrolle.[4]

Im Oktober 1939, kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde im Britischen Generalstab ein auf geheimdienstlichen und militärischen Ermittlungen beruhendes Memorandum verfasst. Es beschäftigte sich mit „Maßnahmen, die für Holland und Belgien im Falle einer deutschen Invasion getroffen werden“ müssen:

„Das HM Treasury [Finanzministerium] wird sich in Zusammenarbeit mit der Bank of England und dem Außenministerium mit Möglichkeiten beschäftigen müssen, die Goldbarren und wichtige Wertpapiere an einen gemeinsamen sicheren Ort zu bringen. Der Transport mehrerer hundert Tonnen an Barren stellt ein schwieriges Problem dar, und schon das Einladen würde sehr lange dauern. Ideal wäre es selbstverständlich, wenn das Gold in unser Land oder in die Vereinigten Staaten von Amerika gelangen würde. [...] Die Goldreserven von Belgien und Holland haben einen Wert von etwa 70 bzw. 110 Millionen Britischen Pfund. Das Gesamtgewicht dieser Barren beläuft sich auf etwa 1800 Tonnen, und ihre Evakuierung, die eine Angelegenheit von größter Bedeutung wäre, würde erhebliche Problem mit sich bringen, wenn man [den Abtransport] in Eile mit desorganisierten Transportmöglichkeiten unternehmen müsste. Im Augenblick gehen wir davon aus, dass dieses Gold in Brüssel bzw. La Hague aufbewahrt wird, wobei keiner der beiden Orte sich für eine schnelle Evakuierung in einem Notfall eignen würde.“[5]

Die belgische Regierung brachte ihre Goldreserve ohne Wissen des Königs ins Ausland. Ziel war England oder die USA. Das Transportschiff musste jedoch von Italien startend den Kurs ändern, schließlich gelangte der Schatz nach Dakar. Nach dem Westfeldzug Deutschlands 1940 forderte das deutsche Außenministerium die Übergabe der Goldreserve. Es begann ein abenteuerlicher Transport der Goldbarren durch Nordafrika und über das Mittelmeer, bis französische Beamte 1941 in Marseille 41 Tonnen dieses belgischen Golds[6] Vertretern der Deutschen Reichsbank übergaben. Nach einigen politischen Scheinmanövern gelangte diese Goldreserve am 9. Oktober 1942 offiziell in deutschen Besitz. Die Barren wurden eingeschmolzen und in die Schweiz gebracht.[7]

Beim Unternehmen Weserübung, der Besetzung von Dänemark und Norwegen durch die Wehrmacht am 9. April 1940, war ein Angriff auf Oslo durch deutsche Luftlandetruppen geplant. Wegen starken Nebels verzögerte sich die Aktion, sodass die Königsfamilie samt den Goldreserven entkommen konnte.

Nach 1945

Von 1945 bis etwa 1971 gab es das Bretton-Woods-System. Es regelte relativ feste Wechselkurse zwischen den Währungen der teilnehmenden Staaten, darunter USA, Großbritannien und Deutschland. Im Bretton-Woods-System spielte Gold eine wichtige Rolle.[8]

Frankreich

Die Währungspolitik des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle war, unter anderem auf Anregung des französischen Ökonomen Jacques Rueff (1896 - 1978), stark auf Gold ausgerichtet.[9] Im Februar 1965 kündigte de Gaulle an, Währungsreserven in US-Dollar im Rahmen des Bretton-Woods-Systems in Gold umzutauschen. Bis zum Sommer 1966 erhöhte Frankreich so den Goldanteil seiner Reserven auf 86 Prozent.[10] Im Unterschied zu anderen Ländern, die im gleichen Zeitraum Dollar in Gold tauschten, darunter auch Deutschland, beließ Frankreich das Gold nicht in den Tresoren der Federal Reserve Bank of New York, sondern bestand darauf, die Goldbarren nach Frankreich zu verschiffen, damit sie nicht „dem Zugriff einer fremden Macht preisgegeben“ seien.[10] Sein Ziel einer Rückkehr zum Goldstandard erreichte de Gaulle indes nicht.[11]

Deutschland

Der Aufbau der deutschen Goldreserven nach dem Zweiten Weltkrieg begann 1951[12] und erreichte 1968 mit 4.000 Tonnen seinen Höhepunkt.[13] Zum 31. Dezember 2011 betrug der Bestand 3.396 Tonnen, was einem Marktwert von 132,9 Milliarden Euro entsprach.[14][15] 69 % der deutschen Goldreserven, die in Form von 12,5-kg-Barren[16] vorliegen, befinden sich im Ausland.

Goldreserven der Welt

Im Jahr 1965 erreichten die Goldreserven der Welt mit 38.347 Tonnen einen Höchststand. Mit der Auflösung des Bretton-Woods-Systems 1971 wurden die Wechselkurse freigegeben und Gold verlor seine Funktion als Deckungsmittel. 2007 schätzte der World Gold Council die weltweiten Goldbestände auf 29.667 Tonnen und damit um 22,6 Prozent niedriger als 1965.[17] Seit Beginn der Finanzkrise ab 2007 stiegen die internationalen Goldreserven wieder. Die weltgrößten Bestände des Edelmetalls besitzen die USA, gefolgt von Deutschland und dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

Der IWF kündigte am 19. September 2009 an, sich von insgesamt 403 Tonnen Gold, das ist ein Achtel seiner Reserven, zu trennen.[18] Den Goldverkauf empfahl im Februar 2007 ein achtköpfiges Beratergremium, dem überwiegend ehemalige und amtierende Notenbankchefs, darunter Alan Greenspan und Jean-Claude Trichet angehörten.[19] 200 Tonnen wurden an die Reserve Bank of India sowie 10 Tonnen an die Central Bank of Sri Lanka und 2 Tonnen an die Bank of Mauritius verkauft. Die restlichen 191 Tonnen des IWF-Goldes sind am offenen Markt veräußert worden.[20]

Teile der Goldvorräte der USA werden in Fort Knox gelagert. Der größte Teil des Goldes der USA lagert im Keller der Federal Reserve Bank of New York in Manhattan. Dort betreibt diese Bank außerdem für rund 60 Staaten das mit 550.000 Barren größte Goldlager der Welt. Die weltweit in Banken gelagerten Goldreserven belaufen sich auf etwa 30.000 Tonnen. Die gesamte jemals geförderte Goldmenge wurde Ende 2009 auf etwa 165.000 Tonnen (5,321 Milliarden Unzen) geschätzt.[21] Dies entspricht einem theoretischen Marktwert von zurzeit 8.820 Milliarden US$. Zugrundegelegt wurde ein Preis von 1.657,5 US$ pro Feinunze (Goldpreis vom 11. Januar 2013).

Die größten Goldbestände befinden sich in privatem Besitz. Es wird geschätzt, dass in Indien etwa 20.000 Tonnen Gold in privatem Besitz sind.[22] Der gesamte Goldbesitz aller Zentralbanken umfasste Ende 2009 rund 16 % (26.780 Tonnen) der weltweit vorhandenen Goldmenge.[17] Global werden 70 % des Goldes durch Juweliere verarbeitet, 11 % werden in Industrie, vor allem in der Elektronik, und Medizin, insbesondere in der Zahnheilkunde, verbraucht und 13 % werden durch Banken und Privatanleger für monetäre Zwecke in Form von Münzen und Barren verwendet.[23]

Der Anteil der internationalen Goldreserven an den gesamten Währungsreserven ist in den letzten drei Jahrzehnten durch Verkäufe und eine geringere Bedeutung für die Währungssicherung von 60 % 1980 auf einen Tiefststand von 8,6 % im März 2005 zurückgegangen. Seitdem stieg der Anteil wieder leicht an.[17]

Goldreserven der Eurozone

Die Goldreserven der Länder der europäischen Währungsunion sind deutlich größer als die der USA.[24] Die Europäische Zentralbank greift über Verkäufe von Goldreserven aktiv in den Marktwert des Goldpreises ein.[25]

Länder und Organisationen

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der weltweiten offiziellen Währungs-Goldreserven von Dezember 1970 bis Oktober 2012 in Tonnen sowie den Goldanteil am Bestand der gesamten Devisenreserven in Prozent.[17] Würde man die Bestände des SPDR Gold Shares als größtem Exchange-traded fund (ETF) mit physischen Goldbeständen in diese Betrachtung einbeziehen, müsste man diesen mit 1336,3 Tonnen Gold (Stand: 31. Oktober 2012) auf Rang sechs hinter Frankreich und vor China einordnen.[26]

Vorlage:Weltweite Goldreserven

Private Goldreserven

Aufgeführt sind die größten privaten Goldreserven von börsengehandelten Goldprodukten:

Private Reserven (17. September 2012)[27]
Rang Name Land Tonnen
1 SPDR Gold Shares USA 1301,49
2 ETF Securities Gold Funds Großbritannien 0325,79
3 ZKB Physical Gold Schweiz 0230,92
4 COMEX Gold Trust USA 0194,68
5 Julius Baer Physical Gold Fund Schweiz 0108,71
6 Sprott Physical Gold Trust Kanada 0050,29
7 NewGold ETF Südafrika 0042,45
8 ETFS Physical Swiss Gold Shares Schweiz 0034,44
Gesamt 2288,76

Weitere beträchtliche Bestände von Anlagegold werden in Form von Goldbarren und Goldmünzen privat verwahrt oder in Form von Tresorgold gehalten.

Im Jahr 2010 befanden sich etwa 4.000 Tonnen Gold in Form von physischen Goldinvestments im Besitz deutscher Privatpersonen. Zusätzlich hielten Privatanleger etwa 1.400 Tonnen in Form von Wertpapieranlagen in Gold.[28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bank for International Settlements: Veränderte Zusammensetzung von Währungsreserven, von September 2006
  2. Erste Bank: Special Report Gold, Juni 2008
  3. Financial Times Deutschland: Notenbanken erneuern Goldabkommen, vom 7. August 2009
  4. Manfred Jochum: Die Erste Republik in Dokumenten und Bildern. Wilhelm Braumüller Universitäts-Verlagsbuchhandlung, Wien 1983, S. 247.
  5. Memorandum des Sekretärs im Britischen Kriegskabinett E. E. Bridges vom 6. Oktober 1939, Geheimsache: Holland and Belgium: Measures to be taken in the event of an invasion by Germany. S. 1 und 4. Im Bestand der National Archives.Übersetzt aus dem Englischen
  6. Andere Quellen, wie etwa Werner Rings: Raubgold aus Deutschland, sprechen sogar von der kompletten belgischen Goldreserve - 221 Tonnen in 5.000 Kisten.
  7. Götz Aly: Hitlers Volksstaat, Fischer, Frankfurt 2005, S. 162 ff.
  8. Vgl. z.B. Otmar Emminger: D-Mark, Dollar, Währungskrisen - ein ehemaliger Bundesbankpräsident erinnert sich, 1986
  9. Joachim Joesten: Porträt Jacques Rueff. In: Die Zeit, Nr. 37/1965
  10. 10,0 10,1 Diether Stolze: Besiegt de Gaulle den Dollar? In: Die Zeit, Nr. 39/1966
  11. Mythos vom Gold? In: Die Zeit, Nr. 35/1971
  12. Moritz Schwarz: „Holt unser Gold heim!“ – Interview mit Rolf von Hohenhau. In: Junge Freiheit, Nr. 19/12 (4. Mai 2012), S. 3.
  13. Peter Vollmer: Die Jagd auf den Goldschatz der Bundesbank. In: Financial Times Deutschland vom 7. November 2011 (online).
  14. Erklärung der Deutschen Bundesbank zur Bilanzierung der Goldreserven:(Pressemitteilung www.bundesbank.de), abgerufen am 24. Oktober 2012.
  15. Zeitreihe BBK01.TUB600: GOLD UND GOLDFORDERUNGEN BUNDESBANK:www.bundesbank.de
  16. Lorenz Wolf-Doettinchem; Jan Christoph Wiechmann: Der letzte Schatz der Deutschen. In: Stern vom 1. Juli 2004 (online).
  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 World Gold Council: World Gold Council Statistics (Registrierung und Login erforderlich)
  18. Tagesschau.de: IWF trennt sich von 403 Tonnen Gold, vom 19. September 2009
  19. EMFIS: IWF verkauft 400 Tonnen Gold, vom 4. Februar 2007
  20. Financial Times Deutschland: Umschichtung der Reserven - Inder treiben Goldpreis auf Rekord, vom 3. November 2009
  21. World Gold Council: How much gold has been mined?
  22. Reuters: Asia gold premiums tick up; Indian jewellers sell less scrap, vom 15. Juni 2010
  23. World Gold Council: What percentage of Gold is used in Jewellery, Industry and Investment?
  24. Daniel Eckert So viel Gold entfällt auf jeden Deutschen Die Welt, 23. Oktober 2012 (eingesehen am 24. Oktober 2012)
  25. Michael Brückner EU-Infotek, 18. März 2012 (eingesehen am 24. Oktober 2012)
  26. SPDR Gold Shares: Historical Archive
  27. Multi News: Reuters Factbox: Holdings of SPDR Gold up, iShares Silver unchanged, vom 17. September 2012
  28. Jens Kleine und Matthias Krautbauer: Goldbesitz der Privatpersonen in Deutschland; Steinbeis Research Center for Financial Services, November 2010, S. 2