Fichtenharz
Als Fichtenharz (gemeines Harz), bezeichnet man aus Nadelhölzern freiwillig oder nach dem Anbohren oder Anschneiden ausgeflossenes Harz.
Vorkommen
Europäische Harzbäume sind: die Fichte (Picea abies L.) in einigen Gegenden Deutschlands und im Norden, die Tanne (Abies alba Mill.) im Elsass, die Strandkiefer (Pinus maritima Lamb.) in Frankreich und Portugal, die Schwarzföhre (Pinus laricio Poir.) in Niederösterreich und einigen Gegenden Frankreichs, die Weißföhre oder Kiefer (Pinus sylvestris L.) in Deutschland und Galizien, die Lärche (Larix europaea Dec.) in Südtirol, den französischen und italienischen Alpen. In Nordamerika gewinnt man Harz aus Abies balsamea Mill., Pinus strobus L., Pinus resinosa Ait. besonders in Kanada, Pinus taeda L. von Virginia bis Florida und besonders aus Pinus australis Mill. von Carolina bis Florida. Alle diese Bäume liefern Terpentin, welcher teils in der Rinde, teils im jungen Holz entsteht und, wenn er sich zu größeren Massen ansammelt, über die Rinde sich ergießt (Kiefer, Fichte, Schwarzföhre) oder in Harzbeulen der Rinde (Weißtanne, kanadische Balsamtanne) oder in Hohlräumen des Holzkörpers (Lärchen Südtirols) sich sammelt. Die Gewinnung des Terpentins, respektive des Harzes ist nach der Baumart und nach Ortsgebrauch verschieden, aber meist sehr unvollkommen.
Gewinnung
Fichte
Von der Fichte wird meist nur gesammelt, was freiwillig ausfließt; in Baden werden die Fichten gewöhnlich an vier Stellen angerissen, die Ritzungen laufen der Stammrichtung parallel, sind etwa zollbreit und gehen. ca. 8-16 Jahresringe ins Holz hinein. Der ausfließende Terpentin wird in Körben gesammelt. Die Strandkiefer wird nach der französischen Methode im Alter von 20 bis 40 Jahren 20 bis 40 Jahre hindurch, auch wohl noch länger, geharzt. Man macht an einer Seite des Baums, einige Zentimeter über dem Boden, einen der Länge nach gehenden, einige Zentimeter breiten Ausschnitt (Carre), welcher bis ins junge Holz hineinragt. Nach einigen Tagen wird diese Carre nach obenhin verlängert und dies so lange wiederholt, bis die Wunde 0,5-0,8 m lang ist. Im nächsten Jahr harzt man ebenso auf der gegenüberliegenden Seite des Stammes, dann zwischen beiden, wobei durch die Vernarbung der ersten Wunden wieder Raum geschafft wird für neue Risse. Zum Auffangen des Terpentins bringt man an der Stelle des jedesmaligen Ausflusses innerhalb der Wunde Tongeschirre an und bedeckt diese mit Brettchen.
Schwarzföhre
In Niederösterreich beginnt man die „Schälung“ der Schwarzföhre 10-20 Jahre vor dem beabsichtigten Abtrieb, wenn die Bäume 50-100 Jahre alt sind. Man stemmt etwa 30 cm über dem Boden eine Höhlung (Grandel) aus, welche 0,5-0,66 der Stammbreite einnimmt und zur Ansammlung des Terpentins dient. Über der Höhlung nimmt man Rinde und Splint nach und nach, im ersten Jahr bis zu einer Höhe von 45 bis 47 cm, ab und verlängert die Wunde im nächsten Jahr wieder um 45 cm nach oben. Die Lärche wird in Tirol im Frühjahr etwa 30 cm über dem Boden bis ins Zentrum des Holzkörpers angebohrt und das 3 cm weite Bohrloch verschlossen; im Herbst wird dann der Terpentin herausgenommen.
Weißtanne
Bei der Weißtanne öffnet man die Harzbeulen und lässt den Terpentin in Gefäße ablaufen. Aus dem Terpentin entsteht das Harz durch Verdunsten und Verharzen des Terpentinöls. Das natürliche Fichtenharz oder Föhrenharz bildet halbweiche oder harte, gelbliche oder bräunliche, selten rötliche Massen, riecht eigentümlich terpentinartig, schmeckt bitter. In Galizien sammelt man das aus freiwillig ausfließendem Terpentin entstandene Harz (Weißföhrenharz), in Böhmen die schwefelgelben Harzplatten, welche sich zwischen Holz und Rinde dicker Wurzeläste der Fichte ansammeln (Wurzelpech). Hierher gehört auch der Waldweihrauch, der von jungen Fichten- und Kieferzweigen herabtropft, vom Boden aufgelesen wird und mit angenehmem Geruch verbrennt.
Verwendung
Die bei weitem größte Menge von Fichtenharz wird aber durch künstliche Harzung gewonnen, indem ein bedeutender Teil des Terpentins am Stamm erstarrt (deutsches Rohharz, französisches Galipot oder Barras, österreichisches Scharrharz). Aus Terpentin und Rohharz erhält man ferner diverse Handelsprodukte. Destilliert man den Terpentin mit Wasser zur Gewinnung von Terpentinöl, so erhält man den gekochten Terpentin, durchscheinende, spröde, mattgelbe Massen, fast geruch- und geschmacklos, oft in Form gedrehter Stangen vorkommend, die einen mattgelben Kern, eine dicke, glänzende, durchscheinende, braune Rinde und eine äußere blassgelbe Schicht besitzen. Wird der gekochte Terpentin bis zum Klarwerden geschmolzen, so erhält man Auswahl Kolophonium, durch Kochen von Rohharz mit Wasser und andauerndes Umrühren das Weißpech (Wasserharz, Burgunderharz oder Burgunderpech). Dies ist weiß oder blassgelb, porös, opak und bedeckt sich bei längerem Liegen mit einer dünnen, durchsichtigen, dunkeln Hülle. Bei Anwendung stärkerer Hitze entsteht daraus das gelbe Harz, welches eine zerbrechliche Masse bildet. Das Fichtenharz ist ein wechselndes Gemenge von kristallisierbarer, gewöhnlich aber amorpher Harzsäure mit Terpentinöl und Wasser. Es dient zur Bereitung von Lacken, Firnissen, Kitten, im 19. Jahrhundert zur Herstellung von Pflastern und selbst von Kaugummi, zum Verpichen von Eichenfässern (Brauerpech), zum Leimen des Papiers, zum Appretieren, zu Harzseife und Maschinenschmiere, zu Leuchtgas und Leuchtölen.