Eigenherstellung von Arzneimitteln

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Rezepturraum einer Apotheke in Friedland (1975)

Eigenherstellung von Arzneimitteln bezeichnet die Herstellung von Arzneimitteln in Apotheken. Rezepturarzneimittel werden dabei von Apothekern nach Verschreibung durch einen Arzt oder auf Verlangen eines Patienten individuell zubereitet. In Österreich wird dies Magistrale Zubereitung, in der Schweiz Formula magistralis genannt. Als Defekturarzneimittel werden Arzneimittel bezeichnet, die in Mengen bis zu einhundert abgabefertigen Packungen pro Tag in Apotheken selbst hergestellt werden, ohne dass es dafür nach dem deutschen Arzneimittelgesetz einer Herstellungserlaubnis oder Arzneimittelzulassung bedarf. Die Offizinale Zubereitung in Österreich und die Formula officinalis in der Schweiz bezeichnen die Apothekenherstellung nach einer Monographie des Arzneibuches zur unmittelbaren Abgabe an die Patienten, die Kunden dieser Apotheke sind; dies entspricht im Wesentlichen der Defektur.

Im Gegensatz zu Rezeptur- und Defekturarzneimitteln stehen Fertigarzneimittel, welche in einer Menge von über 100 Stück am Tag hergestellt werden oder aus sonstigen Gründen einer Herstellungserlaubnis und Zulassung bedürfen. Diese werden meist von Pharmaunternehmen industriell in standardisierten Dosierungen und Mengen produziert und verpackt, es gibt aber auch Apothekenbetriebe, die über eine Herstellungserlaubnis für bestimmte Produkte verfügen.

Methodische und rechtliche Grundlagen

Für die Eigenherstellung von Arzneimitteln gibt es anerkannte Rezepturvorschriften, wie beispielsweise das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) oder die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bis 1990 verwendeten und in den neuen Bundesländern noch immer häufig genutzten Standardrezepturen (SR), sowie deren Vorläufer, die Deutschen Reichsformeln (DRF). Solche Ad-hoc-Zubereitungen nach standardisierten und geprüften Vorschriften werden auch als magistrale Rezepturen bezeichnet.[1] Hinsichtlich der analytischen Untersuchungen gelten die Vorschriften des Arzneibuches, in Deutschland also beispielsweise des Deutschen Arzneibuches (DAB) und des Europäischen Arzneibuches (Ph. Eur.). Rechtsgrundlage für die Eigenherstellung von Arzneimitteln in Apotheken ist in Deutschland die Apothekenbetriebsordnung. Nach dem deutschen Arzneimittelgesetz sind Rezeptur- und Defekturarzneimittel nicht zulassungspflichtig. Das sich ebenfalls aus dem Arzneimittelgesetz ergebende Verbot der Abgabe von bedenklichen Arzneimitteln gilt jedoch auch für Arzneimittel aus Eigenherstellung. Die Schutzwirkung von Patenten erstreckt sich, gemäß Paragraph 11 Absatz 3 des deutschen Patentgesetzes, nicht auf die unmittelbare Einzelzubereitung eines Medikamentes durch einen Apotheker aufgrund ärztlicher Verordnung.

In Österreich werden die Begriffe Offizinale Zubereitung und Magistrale Zubereitung im österreichischen Arzneimittelgesetz bestimmt, die Definition von Formula magistralis und Formula officinalis ist im schweizerischen Heilmittelgesetz zu finden. Auch die europäische Richtlinie 2001/83/EG verwendet die Begriffe Formula magistralis und Formula officinalis.

Arzneiformen und Anwendungsgebiete

Die häufigsten Arzneiformen bei Rezeptur- und Defekturarzneimitteln sind Salben und Cremes, Zäpfchen und Kapseln sowie Tinkturen und andere flüssige Zubereitungen. Zu den wichtigsten Anwendungsgebieten für diese Arzneimittel gehören dermatologische Präparate zur Behandlung von Hautkrankheiten sowie Zytostatika zur Krebstherapie. Von Vorteil bei Arzneimitteln aus Eigenherstellung sind vor allem die Möglichkeit zur individuellen Dosierung sowie gegebenenfalls Kombination mit weiteren Wirkstoffen, sowie die Vermeidung von allergischen Reaktionen gegen bestimmte Inhaltsstoffe von Fertigarzneimitteln. Die wichtigsten Nachteile sind die höheren Kosten durch die manuelle Herstellung und die begrenzte Haltbarkeit. Aus diesem Grund werden Rezepturarzneimittel nur bei konkretem Bedarf und in Mengen zubereitet, die zum zeitnahen Verbrauch bestimmt sind. Eine Bevorratung beim Patienten ist im Regelfall nicht vorgesehen. Auch Defekturarzneimittel werden meist nicht über einen längeren Zeitraum gelagert.

Literatur

  • ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Hrsg.): Neues Rezeptur-Formularium (NRF). Govi-Verlag, Eschborn und Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart, regelmäßig aktualisierte Loseblattsammlung
  • Institut für Arzneimittelwesen der DDR (Hrsg.): Standardrezepturen 1990 (SR 90). Für das Apothekenwesen bestimmte Ausgabe. 15. Auflage. VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin 1990

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Roland Niedner, Max Gloor: Magistrale Rezeptur. In: Der Hautarzt. 51/2000. Springer-Verlag, S. 278–295, ISSN 0017-8470
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