Sonnenhüte (Echinacea)
Sonnenhüte | ||||||||||||
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Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Echinaceae | ||||||||||||
Moench |
Die Sonnenhüte (Echinacea [ekʰiːˈnaːkɛa], von altgriech. ἐχῖνος[1] [2] [eˈkʰiːnos]; im Deutschen oft palatalisiert [eçiːˈnaːt͡sɛa]), auch Scheinsonnenhüte oder Igelköpfe genannt,[3] sind eine Pflanzengattung aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Der botanische Gattungsname Echinacea ist vom altgriechischen Wort echínos [ἐχῖνος, s. o.] für Seeigel (Echinoidea) abgeleitet und bezieht sich auf die gattungstypischen, die Röhrenblüten überragenden, auffälligen, stachelspitzigen Spreublätter. Alle Arten haben ihre Heimat nur im östlichen und zentralen Nordamerika.
Beschreibung
Echinacea-Arten wachsen als ausdauernde krautige Pflanzen, die je nach Art meist Wuchshöhen von bis zu 140 cm erreichen. Außer bei Echinacea purpurea besitzen alle Arten Pfahlwurzeln. Die aufrechten Stängel sind unverzweigt bis verzweigt. Die Pflanzen können verschieden behaart sein. Die wechselständig, grundständig und an den Stängeln verteilt angeordneten Laubblätter sind mehr oder weniger lang gestielt. Die einfache Blattspreite besitzt ein, drei oder fünf Blattnerven. Der Blattrand ist meist glatt, manchmal gezähnt oder gesägt. Die Blattoberflächen sind manchmal glatt oder meist behaart.
Die köpfchenförmigen Blütenstände stehen einzeln endständig auf relativ langen Stielen. Die kreisförmigen Blütenkörbe weisen Durchmesser von 1,2 bis 4 Zentimeter auf. In zwei bis vier Reihen stehen 15 bis 50 Hüllblätter; sie sind in Form und Größe fast gleich bis stark verschieden. Die Blütenstandsböden sind fast kugel- oder zylinderförmig. Es sind orangefarbene bis rötlich purpurfarbene Spreublätter vorhanden, die die Röhrenblüten, als auffälliges Merkmal der Gattung, wie kleine Igelstacheln (botanischer Name!) überragen. Die Blütenkörbe enthalten acht bis 21 Zungenblüten und 200 bis über 300 Röhrenblüten. Die ungeschlechtigen Zungenblüten (= Strahlenblüten) sind gelb, weiß, dunkel purpurfarben bis hell rosafarben. Die zwittrigen, fertilen Röhrenblüten (= Scheibenblüten) sind rosa- bis rötlich purpurfarben, grünlich oder gelb mit fünf Kronzipfel. Der Pollen ist meist gelb, bei E. pallida ist er meist weiß.
Die drei- bis vierkantigen Achänen sind hellbraun oder zweifarbig mit dunkelbraunem Band. Der Pappus ist mehr oder weniger kronenförmig mit oder ohne bis zu vier markanten Zähnen.
Systematik
Die Erstveröffentlichung des Gattungsnamens Echinacea erfolgte 1794 durch Conrad Moench in Methodus plantas horti botanici et agri Marburgensis, 591.
Ein Synonym für Echinacea Moench ist Brauneria Neck. ex Porter & Britton.
Die ursprüngliche Pflanzensystematik nach Arthur John Cronquist umfasste vier Echinacea-Arten mit je zwei Varietäten, E. pallida (mit den beiden Varietäten E. pallida var. angustifolia und E. pallida var. pallida), E. atrorubens (mit den Varietäten E. atrorubens var. atrorubens und E. atrorubens var. paradoxa), E. laevigata und E. purpurea.
Die neueste Bearbeitung der Gattung dürfte S. E. Binns et al. A taxonomic revision of Echinacea (Asteraceae: Heliantheae)., in Syst. Bot., 27: S. 610–632, 2002 sein. Die hier vorgestellte Auflistung stammt von Ronald McGregor, mit neun Echinacea-Arten, zwei mit wiederum je zwei Varietäten.[4]
- Echinacea angustifolia DC.:
- Echinacea angustifolia var. angustifolia
- Echinacea angustifolia var. strigosa McGregor
- Echinacea atrorubens Nutt.
- Echinacea laevigata (Boynton & Beadle) Blake
- Echinacea pallida (Nutt.) Nutt., Prärie-Igelkopf
- Echinacea paradoxa (Norton) Britton
- Echinacea paradoxa var. neglecta McGregor
- Echinacea paradoxa var. paradoxa
- Echinacea purpurea (L.) Moench
- Echinacea sanguinea Nutt.
- Echinacea simulata McGregor
- Echinacea tennesseensis (Beadle) Small
Davon haben medizinisch die drei folgenden Echinacea-Arten die größte Bedeutung erlangt:
- der Purpurfarbene, Rote oder Purpur-Sonnenhut (E. purpurea),
- der Blassfarbene Sonnenhut oder Prärie-Igelkopf (E. pallida) sowie
- der Schmalblättrige Sonnenhut (E. angustifolia).
Medizinische Anwendung
Der Sonnenhut ist als alte Heilpflanze bekannt. Schon die Indianer Nordamerikas nutzten angeblich den Sonnenhut als Heilpflanze gegen Husten, Halsschmerzen und Mandelentzündung [5]. Heute wird er zur Unterstützung bei Atemwegs- oder Harnwegs-Infekten, sowie äußerlich bei schlecht heilenden Wunden eingesetzt. Dabei finden vor allem die Arten Echinacea purpurea, pallida und angustifolia Verwendung. Die medizinische Wirkung ist in der Wissenschaft umstritten; verschiedene Studien und Metastudien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.[6][7]
Beim Purpur-Sonnenhut wird der ausgepresste Saft der oberirdischen Pflanzenteile (Echinaceae purpureae herba) oder die Zubereitung als Tee verwendet.
Aus einigen Sonnenhutarten gewonnene Medikamente wirken möglicherweise stimulierend auf das Immunsystem. Dies soll durch die Beeinflussung der Aktivität der bakteriellen Gewebe-Hyaluronidase geschehen.[8]
Im Handel sind zahlreiche Fertigarzneimittel erhältlich.
Wirksamkeit
Bei Untersuchungen der Kommission E des deutschen Bundesgesundheitsamtes wurden Daten zur Wirksamkeit von Arzneipflanzen gesammelt. Dabei wurde für den Presssaft des frischen Krautes vom Purpursonnenhut eine Wirksamkeit nachgewiesen. Die Wirksamkeit der Presssäfte der Wurzeln von Echinacea angustifolia und Echinacea pallidae herba (schmalblättriges Sonnenhutkraut und blassfarbenes Kegelblumenkraut) mussten hingegen negativ bewertet werden. Es wird sogar von deren Nutzung abgeraten, da pflanzeneigene Gifte toxische Wirkungen mit ungeklärten Risiken für Schwangere und Allergiker bringen.
Eine 2005 von Wissenschaftlern der Stanford-Universität durchgeführte Metastudie untersuchte 322 Publikationen, die die Wirkung von Echinacea bei Erkältungen zum Inhalt hatten, darunter neun Placebo-kontrollierte klinische Studien. Es wurden wichtige Qualitätsparameter definiert, nach denen diese Studien bewertet wurden. Nur zwei konnten alle elf Kriterien erfüllen, die meisten Studien scheiterten an der Verblindung. Die beiden den Anforderungen genügenden Studien zeigten eine Unwirksamkeit von Echinacea-Arzneien bei Erkältung. Die postulierte immunstimulierende Wirkung von Echinacea konnte daher in den bis zu diesem Zeitpunkt untersuchten Studien (15. März 2005) nicht nachgewiesen werden.[9]
Eine Studie von 2005 spricht speziell den Wurzeln von Echinacea angustifolia jegliche Wirkung ab und weist ihnen lediglich einen Placeboeffekt zu.[10] Diese Studie bestätigt die Ergebnisse der Kommission E als Negativmonographie für diese Pflanzenteile von Echinacea angustifolia.
Neueste Studien zeigen, dass Echinacea Substanzen enthält, die ähnlich wirken wie Cannabinoide, wobei aber keine psychomimetischen Effekte auftreten. Diese Fraktion wird als „Alkylamide“ zusammengefasst und hat eine sofort augenscheinliche Ähnlichkeit mit den körpereigenen Anandamiden. Diese Anandamide sind Liganden der Endocannabinoid-Rezeptoren und die Alkylamid-Fraktion aus Echinaceae bindet in vitro an CB-Rezeptoren.[11][12] Forscher an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich haben gezeigt, dass N-Isobutylamide eine neue Klasse von Cannabino-Mimetika darstellen, die an die peripheren CB2-Cannabinoid-Rezeptoren auf Immunzellen (T-Lymphozyten) binden, aber nicht an die CB1-Rezeptoren im zentralen Nervensystem.[13] Der so oft postulierte „immunmodulatorische“ Effekt könnte also möglicherweise über eben solche CB-Rezeptoren stattfinden.
Eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration von 2006 untersuchte 16 kontrollierte Studien zur Wirksamkeit von Echinacea-Präparationen zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten. Dabei zeigte keine Studie eine vorbeugende Wirkung. Nur neun Studien zeigten eine signifikante Wirksamkeit bezüglich der Behandlung der Erkrankungen. Die Metaanalyse kritisiert auch die weite Streuung der Ergebnisse.[14]
2007 haben US-Wissenschaftler 14 Studien zu dem Thema ausgewertet und kamen zum Ergebnis, dass Echinacea-Präparate gegen Erkältungskrankheiten wirksam sind. Die Wissenschaftler um Craig Coleman von der University of Connecticut (USA) schreiben von einer Reduzierung der Gefahr einer Infektion um 60 Prozent und einer beschleunigten Heilung um durchschnittlich knapp eineinhalb Tage.[15]
Siehe auch
- Echinacosid
- Rudbeckien
Quellen
- Lowell E. Urbatsch, Kurt M. Neubig, Patricia B. Cox: Echinacea in der Flora of North America, Vol. 21, S. 88: Online. (Abschnitt Beschreibung, Vorkommen und Systematik)
Einzelnachweise
- ↑ B. R. Schubert & G. Wagner: Botanisches Wörterbuch. Pflanzennamen und botanische Fachwörter. Stuttgart 2000, S. 194.
- ↑ Etymologie: J. M. Stowasser, M. Petschenig & F. Skutsch: Stowasser. Lateinisch–deutsches Schulwörterbuch. Wien, München, Oldenbourg 2006, S. 171.
- ↑ Eckehardt J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.
- ↑ Kathleen A. McKeown: A review of the taxonomy of the genus Echinacea, In: J. Janick (ed.): Perspectives on new crops and new uses., ASHS Press, Alexandria, VA., 1999, S. 482–489 (PDF-Datei, 96 kB).
- ↑ Die Pflanze des Monats September 2005: Der Sonnenhut – Heilkraft bei Blumenbörsen.ch.
- ↑ Echinacea Treatment for the Common Cold – Clinical Infectious Diseases, 2005 (PDF-Datei, 64 kB); Microsoft Encarta 2005.
- ↑ Sachin A Shah, Stephen Sander, C Michael White, Mike Rinaldi, Craig I. Coleman: Evaluation of echinacea for the prevention and treatment of the common cold: a meta-analysis In: The Lancet Infectious Diseases, 2007, Nr. 7, S. 473. PMID 17597571.
- ↑ E. Mutschler: Mutschler Arzneimittelwirkungen. 8. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2001.
- ↑ Thomas J. Caruso, Jack M. Gwaltney, Jr.: Treatment of the Common Cold with Echinacea: A Structured Review. In: Clinical Infectious Diseases, Bd. 40, 2005, S. 807. PMID 15736012.
- ↑ Turner, Ronald B., Bauer, Rudolf, Woelkart, Karin, Hulsey, Thomas C., Gangemi, J. David: An Evaluation of Echinacea angustifolia in Experimental Rhinovirus Infections, New England Journal of Medicine, Vol. 353:341-348, 2005.
- ↑ Juerg Gertsch, Roland Schoop, Urs Kuenzle, Andy Suter: Echinacea alkylamides modulate TNF-α gene expression via cannabinoid receptor CB2 and multiple signal transduction pathways In: FEBS Letters, 577:3, 2004, Ss. 563–569.
- ↑ Woelkart, Karin; Xu, Wei; Pei, Ying; Makriyannis, Alexandros; Picone, Robert P.; Bauer, Rudolf: The Endocannabinoid System as a Target for Alkamides from Echinacea angustifolia Roots In: Planta Medica 71:8, S. 701, 2005.
- ↑ Stefan Raduner, Adriana Majewska, Jian-Zhong Chen, Xiang-Qun Xie, Jacques Hamon, Bernard Faller, Karl-Heinz Altmann, Jürg Gertsch: Alkylamides from Echinacea Are a New Class of Cannabinomimetics: CANNABINOID TYPE 2 RECEPTOR-DEPENDENT AND -INDEPENDENT IMMUNOMODULATORY EFFECTS. In: Journal of Biological Chemistry, 2006, 281 (20), Ss. 14192-14206.
- ↑ Linde K, Barrett B, Bauer R, Melchart D, Woelkart K. Echinacea for preventing and treating the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 1. Art. No.: CD000530. DOI: 10.1002/14651858.CD000530.pub2
- ↑ Sachin A Shah, Stephen Sander, C Michael White, Mike Rinaldi, Craig I. Coleman: Evaluation of echinacea for the prevention and treatment of the common cold: a meta-analysis In: The Lancet Infectious Diseases, 2007, Nr. 7, S. 473. PMID 17597571.
Weblinks
- Echinacea und die Cannabinoid Rezeptoren
- Artikel über die Metastudie von Thomas J. Caruso und Jack M. Gwaltney zur Wirksamkeit von Echinacea
- NEJM-Studie über die Wirksamkeit von Echinacea angustifoliae radix
- ÖKO-TEST Januar 2006: Echinacea-Präparate
- ETH-Forscher untersuchten Echinacea
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