Rheinland Raffinerie
Die Rheinland Raffinerie wird von der Shell Deutschland Oil GmbH betrieben. Die Raffinerie besteht aus zwei Werksteilen, dem Werk Nord in Köln-Godorf und dem 6 km entfernten Werk Süd in Wesseling bei Köln. Insgesamt belegen beide Werke eine Fläche von ca. 4,4 km². Die Raffinerie ist die größte in Deutschland; sie ging 2002 aus der Fusion der zwei Vorgängerwerke hervor.
Geschichte
Wesseling und Köln-Godorf liegen am Rhein. Die direkte Lage der Werke am Rhein konnte so in doppelter Hinsicht genutzt werden, nämlich für die Gewinnung von Kühlwasser und zum Transport mittels Tankschiffen. Weiterhin war für die Wahl der Lage ausschlaggebend, innerhalb eines der größten deutschen Bundesländer und mitten in einem Ballungsgebiet ansässig zu sein. Das waren die Hauptgründe zur Ansiedelung beziehungsweise zur Übernahme der Raffinerien. Von dort sollte das gesamte Rheinland mit Kraftstoffen und Heizölen versorgt werden.
Geschichte des Werk Wesseling
Das Werk Wesseling (offizieller Name: Rheinland Raffinerie Werk Süd) wurde am 27. Januar 1937 von der Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG gegründet. Als Hydrierwerk konzipiert, stellte die Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG (UK) hier synthetische Kraftstoffe aus Braunkohle her.
Nach schweren Bombenangriffen 1944 musste das Werk geschlossen werden. Der Wiederaufbau folgte nach 1945, aber da die Produktion von Kraftstoffen nach dem Krieg zunächst verboten war, stellte die UK hier Methanol und Ammoniak für die Düngemittelindustrie her. Mit einem eigenen Verfahren zur Herstellung von Methanol wurde das Werk dann in den 60er Jahren zum größten Methanolproduzenten Europas. Bereits 1949 lief auch die Kraftstoffproduktion wieder an, nun auf Basis von Rohöl. Im Jahr 1989 wurden die Verarbeitungs- und Vertriebsaktivitäten der UK in die DEA Mineralöl AG eingebracht und die verbleibenden Aktivitäten gingen auf die RWE-DEA AG über. Im Verbund mit den anderen DEA-Raffinerien stellte das Werk UK Wesseling fortan hochwertige Mineralölprodukte und petrochemische Grundstoffe her.[1] 2004 wurde die Raffinerie von der Shell Deutschland Oil übernommen.
Geschichte des Werk Godorf
Das Werk Godorf (offizieller Name: Rheinland Raffinerie Werk Nord) wurde am 15. Juli 1960 als größte Raffinerie der Deutschen Shell AG durch den Bundesminister für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft, Siegfried Balke, eröffnet.[2][Anm. 1] Zu dieser Zeit war das Werk bereits die größte Raffinerie der damaligen Deutschen Shell AG mit einem Jahresdurchsatz von zunächst vier Millionen Tonnen Rohöl.
Während des Wirtschaftsbooms der folgenden Jahre stieg die Nachfrage nach Rohölprodukten immer stärker an. 1967 konnte nach umfangreichen Ausbaumaßnahmen ein zweiter Komplex aus Destillations- und Weiterverarbeitungsanlagen den Betrieb aufnehmen. Ein Meilenstein in der Werksgeschichte war die Installation einer Isomerisationsanlage, mit deren Hilfe die Oktanzahl des Benzins auch bei niedrigem Bleigehalt gewährleistet werden konnte. In den 80er Jahren wurde eine neue Konversionsanlage eingeführt, die schweres Heizöl in leichtere Produkte und stark entschwefelte Rohstoffe umwandelt.[1]
Durch ständige Verbesserungen zählt das Werk Godorf auch heute noch zu den modernsten und leistungsfähigsten Anlagen in Deutschland.
Verbindung der beiden Werksteile
Zur Nutzung von Synergien und zur wirtschaftlichen Zukunftssicherung der beiden Standorte wurden bereits kurz nach der Übernahme des Standortes Wesseling Überlegungen gestartet, die beiden Werke durch Produktpipelines miteinander zu verbinden. Das sogenannte "CONNECT-Projekt" sieht dabei die Verlegung eines Leitungsbündels auf dem Gebiet des rechtsrheinisch gelegenen Retentionsraum zwischen Porz-Langel und Niederkassel-Lülsdorf mit einer zweimaligen Unterquerung des Rheins zum Anschluss der linksrheinisch gelegenen Raffineriestandorte vor. In der Rohrleitung sollen unter anderem Grundstoffe zur Produktion von schwefelarmem Heizöl und Benzin befördert werden. Der Baubeginn des 3,8 Kilometer langen Rohrleitungsabschnittes war am 18. Juli 2011. Nach Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses durch die Bezirksregierung waren innerhalb die gesetzlich vorgeschriebenen Frist von vier Wochen keine Einwände gegen das Projekt vorgebracht worden.[3]
Störfälle
Am 23. März 2000 brach auf Grund eines technischen Defektes an einer der beiden Rohöldestillationen ein Grossfeuer aus, in dessen Folge dieser Anlagenteil weitgehend zerstört wurde und die Rohölveredelung für Wochen nur mit verminderter Kapazität betrieben werden konnte. Shell bezifferte den internen Schaden auf 20 Millionen Euro. Als Ursache wurde eine heissgelaufene Pumpe genannt, die bei ihrem Zerbersten schlagartig unter hohem Druck und Temperatur stehende Gase freisetze. Diese entzündeten sich an den heissen Pumpenteilen in einer ersten Explosion und befeuerten einen Vorlagenbehälter, der nach wenigen Minuten in einer zweiten Explosion zerbarst. Von bis zu 40 Meter hohen, weit sichtbaren Stichflammen über dem Werk wurde berichtet. Personen kamen nicht zu Schaden. Laut Feuerwehr bestand für die Bevölkerung keine Gefährdung.[4][5]
Umweltschäden
Im Frühjahr 2012 geriet Shell zunächst in der Lokalpresse in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass an einer unterirdischen Pipeline Kerosin (Flugbenzin) in das Erdreich ausgetreten war. Mitarbeiter hatten auf Grund von Unregelmässigkeiten bei Messwertablesungen den Schaden entdeckt. Etwa vier Wochen lang sickerte das Flugbenzin unbemerkt in den Untergrund. Ausdehnung und Menge wurde von Shell zunächst mit 120m² sowie etwa 1 Million Liter angegeben. Die mittels Pumpen entfernten Mengen erfüllten nicht die Erwartungen der Bezirksregierung und riefen deren Kritik am Krisenmanagement von Shell hervor. Im August 2012 wurde an vier Messstellen eine Kontamination des Grundwassers festgestellt. Die Ausdehnung war im September nach Angaben der Bezirksregierung mit 9400 m² etwa 80 mal grösser, als zunächst behauptet.
Ende August wurde ein weiterer Schaden an der Leitungstrassierung gemeldet. Was und in welchen Mengen ausgetreten sei, konnte Shell nicht mitteilen. Es handele sich um einen Altschaden.
Anfang Oktober 2012 kam es zu einem weiteren Zwischenfall. Etwa 4400 Liter eines Heartcut [6] genannten Raffinerieproduktes war in den Boden gelaufen. Dabei handelt es sich um eine hocharomatenhaltige Fraktion (Benzol), die in der Mitte einer Rektifikationskolonne abgenommen wird.
Die Bezirksregierung will eine angekündigte Revision der betroffenen Leitungen nun auf das gesamte Leitungsnetz ausweiten[7].
Produkte
Es werden in der Raffinerie typische Produkte hergestellt wie:
- Propan, Butan,
- Benzin,
- Kerosin (Jet A1),
- Diesel,
- Heizöle (EL und S),
- Bitumen (Strassenbaubitumen, Spezialbitumen)
- Schwefel
Weiterhin werden petrochemische Stoffe gewonnen wie:
- Ethen, Propen
- n-Butene, (Raffinat 2)[8]
- Benzol, Toluol, Xylole
- Dimethylether
- Methanol
- Naphtha
- Hydrowax
Kapazität
- Werk Godorf = 9 Millionen Tonnen pro Jahr
- Werk Wesseling = 7 Millionen Tonnen pro Jahr
Beide Raffinerien haben eine Kapazität für die Verarbeitung von insgesamt 16 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr (Stand 2006).
Den Einsatzstoff (Rohöl) wird für beide Werke direkt vom Ölhafen in Rotterdam über die Rotterdam-Rhein-Pipeline angeliefert. Zusätzlich ist das Werk Süd in Wesseling an die Nord-West-Oelleitung an Wilhelmshaven angebunden.
Produkte werden über Straße, Bahn, Binnenschiff und Pipeline (Rhein-Main-Rohrleitung RMR, CEPS) abtransportiert.
Mitarbeiter
In Produktion und Verwaltung sind in beiden Werken etwa 1500 Mitarbeiter verschiedenster Fachrichtungen beschäftigt.
- Werk Godorf:
50.8597222222226.9844444444444Koordinaten:
- Werk Wesseling:
50.8145583333337.0058555555556
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Broschüre zur Geschichte der Rheinlandraffinerie, herausgegeben von der Shell Deutschland Oil GmbH
- ↑ Sonderseite der Neuen Ruhr Zeitung vom 15. Juli 1960
- ↑ Pressemitteilung der Shell Deutschland Oil GmbH, Rheinland Raffinerie vom 18. Juli 2011
- ↑ RP-Online v. 24. März 2000 "Größte deutsche Shell-Raffinerie teilweise zerstört". Abgerufen am 21. Oktober 2012.
- ↑ Umweltbundesamt "ZEMA - ZENTRALE MELDE- UND AUSWERTESTELLE FÜR STÖRFÄLLE" Datenblaetter 2000 dort Ereignis Nummer 4. Abgerufen am 21. Oktober 2012
- ↑ Shell Sicherheitsdatenblatt Heartcut abgerufen am 19. Oktober 2012.
- ↑ http://www.ksta.de/wesseling/umweltschaeden-zweifel-an-qualitaet-der-leitungen,15189192,20661476.html
- ↑ SASOL Kontrakt mit CONDEA
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Dieses Bundesministerium war ein Vorläufer des späteren Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.