Recycling

Recycling

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Wiederverwertung gebrauchter Nägel (1946)

Als Recycling oder Rezyklierung bezeichnet man einen Vorgang, im Zuge dessen Abfallprodukte wiederverwertet bzw. deren Ausgangsmaterialien zu Sekundärrohstoffen werden.

Der Begriff Recycling ist in Deutschland in § 3 Abs. 25 Kreislaufwirtschaftsgesetz juristisch definiert.[1] Unter Recycling versteht das Gesetz „jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind“.

Der Ausdruck wurde als Lehnwort aus dem Englischen übernommen (recycling – ausgesprochen [ɹɪˈsaɪklɪŋ] – für „Wiederverwertung“ oder „Wiederaufbereitung“); etymologisch leitet es sich vom griechischen kýklos (Kreis) sowie dem lateinischen Präfix re- (zurück, wieder) ab.

Abfallgeschichte

US-Regierungsplakat aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, das zur Trennung von Essens- und Metallabfällen auffordert

Im antiken Rom wurden die Exkremente eingesammelt und den Bauern im Umland verkauft. In größeren Städten waren Kloaken üblich.

Später waren es Lumpensammler und Händler, die sich um das Einsammeln, Sortieren und Weiterleiten von Abfällen kümmerten. Im Mittelalter verfiel diese Organisation größtenteils - Exkremente und Abfälle wurden teilweise einfach nur auf die Straße gekippt und von Haustieren verwertet. Auch Leonardo da Vinci erkannte die Notwendigkeit einer sauberen Stadt und organisierte in Mailand eine Müllabfuhr und ließ Kanäle für Transportkähne zur Abfallbeseitigung bauen. Vor der Industrialisierung bestand der Müll hauptsächlich aus den Exkrementen von Menschen und Tieren, aus Lebensmittelabfällen, Ton- oder Glasscherben und wahrscheinlich auch Asche von den Feuerstellen. Die „Wegwerf-Mentalität“ der Industriezeit existierte aufgrund des Mangels an Gütern wie leeren Flaschen, gebrauchten Holz- oder Metallgegenständen und Ähnlichem nicht. Es war selbstverständlich, diese Gegenstände weiter zu verwerten. Aus Lebensmittelabfall wurde Haustierfutter, aus Knochen und Haaren wurden nützliche Dinge und aus Lumpen wurde Papier hergestellt. Holz- und Papierabfälle verheizte man und Metallteile wurden sowieso eingeschmolzen oder umgeschmiedet.

Mit der Industrialisierung veränderte sich auch Menge und Zusammenstellung des Mülls, so dass in London erste „Kehrichtöfen“ entstanden, später auch die ersten Deponien. Als die Menschen nach den Weltkriegen zu immer mehr Wohlstand gelangten und sich auch Luxusgüter leisten konnten, zu denen auch eine aufwändigere Verpackung gehörte (Flaschen, Alufolie, Frischhaltebeutel, Blechdosen, Kunststoffflaschen), standen die Industrieländer vor einem akuten Müllnotstand. Ein normaler Haushalt, der vor 150 Jahren mit etwa 150 Dingen auskam, verwendete nun mehr als 20.000 Gegenstände, vom Zahnstocher bis zum Haarfestiger, vom Kleiderschrank bis zur Heftzwecke, und produzierte in der Bundesrepublik in den 1970er Jahren im Durchschnitt eine Hausmüllmenge von 4,7 kg pro Einwohner und Woche, das sind 244 kg pro Einwohner und Jahr.

Entwicklung des Recyclingsystems in Deutschland

Müllcontainer in Leipzig, 1990

1961 wurde in der Bundesrepublik mit der Gründung des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) das Sammeln von Abfällen und Wertstoffen besser organisiert. Es entstanden Dienstleister wie Sulo, Trienekens, Rethmann, Edelhoff, die später mit Hilfe des Gesetzgebers den Recyclinggedanken industriell umsetzten.

Etwa zur selben Zeit entstand in der DDR das republikweite Sammelsystem SERO, das bis 1990 bestand und nach dem Beitritt zur BRD in den bundesdeutschen Strukturen aufging.

In den 1970er Jahren wurden Umweltschutz und Abfallvermeidung zum offiziellen Aufgabengebiet des Staates erklärt: 1972 wurde das erste Abfallbeseitigungsgesetz der BRD beschlossen, 1975 das Abfallwirtschaftsprogramm '75 der Bundesregierung und 1986 die TA Luft für die Vermeidung von Emissionen durch Abfälle und ihre Behandlung. Hinzu kamen später die Altölverordnung, die Verpackungsverordnung und 1996 das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)[2]. Dieses Gesetz und die zugehörigen Verordnungen verzeichnen detaillierte Vorschriften zur Vermeidung, Verwertung und Ablagerung von Abfällen. Prinzipiell ging es nicht mehr vorrangig um Kapazitätsfragen von Deponien, sondern in erster Linie darum, Müll zu vermeiden, wenn nicht möglich, ihn zu verwerten, und erst wenn dies nicht möglich ist, ihn zu deponieren (vgl. §4 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz). Es folgte der Europäische Abfallkatalog und das Duale System Deutschland (Grüner Punkt).

In den vergangenen Jahrzehnten wurden in allen Industrieländern Ministerien für Umweltschutz etabliert, zu deren Aufgabenbereich zumeist auch die staatliche Aufsicht über das Abfallsystem gehört. 1994 wurde die Direktive des Umweltschutzes im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, wo es in Artikel 20a heißt:

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die zukünftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Situation in der Schweiz

Die Schweiz erreicht heute sowohl im Investitions- wie im Konsumgüterbereich beachtliche Recycling-Quoten. So gilt das Land beim Rücklauf von Alu-Dosen mit einer Quote deutlich über 90 % als „Weltmeister“, beim Papier blieb die Sammelmenge trotz rückläufigem Verbrauch von 2007 bis 2011 konstant hoch[3]. Möglich macht dies eine optimierte logistische Organisation und die verursachergerechte Volumengebühr durch eine steuerliche Belastung der Abfallsäcke, der sogenannten Sackgebühr.

Auch in der Schweiz wurde die Verwertung der industriellen Abfallprodukte in der Verfassung verankert:

„Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen andererseits an. Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.“

Politische Ziele des Recycling

Gemäß EU-Vorgaben besteht folgende Abfallhierarchie[4], die allen Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen im Bereich der Abfallvermeidung und -bewirtschaftung als Prioritätenfolge zugrunde liegt:

  1. Abfallvermeidung: hierzu gehört unter anderem auch das Verbot von umweltgefährdenden Stoffen wie PCB, FCKW.
  2. Vorbereitung zu Wiederverwendung: das heißt eine erneute Nutzung des Guts wie Pfandflasche, Second-Hand-Use.
  3. Recycling durch stoffliche Verwertung: definierte Abfallstoffströme oder Teile davon werden aufbereitet, um daraus wieder vermarktungsfähige Sekundärrohstoffe zu gewinnen.
  4. sonstige Verwertung, z. B. durch energetische Verwertung: die Stoffe werden verbrannt oder vergast, jedoch mit dem alleinigen Ziel der Energiegewinnung.
  5. Beseitigung, z. B. durch Deponieren.

Entgegen dem häufig etwas unklaren allgemeinen Sprachgebrauch beinhaltet Recycling demnach nur den Punkt 3) dieser Liste. Recycling wird gemäß EU-Richtlinie definiert als jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfallmaterialien zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

Mülltrennung und Sammelsysteme in Deutschland

Zurzeit ist jeder deutsche Bundesbürger aufgefordert, seinen Müll bereits beim Wegwerfen zu sortieren. Je nach der Abfallpolitik und den vorhandenen Wiederverwertungen wird die Auftrennung regional unterschiedlich durchgeführt.

Am häufigsten gesammelt werden Altpapier, Altglas (zum Teil unterteilt in Weiß- und Buntglas) und Verpackungen durch die Duales System Deutschland GmbH. Gut funktioniert ebenfalls das Sammeln und Kompostieren von Bioabfall, das Batterierecycling und das Recycling von Altautos auf dem Autofriedhof.

Seit 2005 gilt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG). Diese Richtlinie nahm die EU-Mitgliedstaaten in die Pflicht, bis zum 13. August 2005 ein funktionierendes E-Schrott Recycling-System in Betrieb einzurichten und ab Dezember 2006 mindestens vier Kilogramm pro Person und Jahr zu recyclen. Neben gängigem Elektronikschrott fallen auch LED- und Energiesparlampen (Kompaktleuchtstofflampen) unter diese Richtlinie, denn sie enthalten neben Quecksilber und weiteren problematischen Stoffen auch elektronische Bauteile. Die Sammlung wird in Deutschland von dem Retourlogistikunternehmen Lightcycle organisiert und erfolgt unter anderem in mehr als 2100 kommunalen Sammelstellen (Wertstoffhöfen, Schadstoffmobile etc.) und 4000 Sammelstellen im Handel und Handwerk (Drogeriemärkte, Baumärkte, Elektrohandwerker etc.). Für gewerbliche Mengen stehen mehr als 400 Großmengensammelstellen zur Verfügung. Mengen ab einer Tonne (etwa 5000 Altlampen) werden von dem Logistikunternehmen abgeholt.

Rücknahmegrafik

Derzeit werden in Deutschland nur etwa 10 %[5] der Kompaktleuchtstofflampen ordnungsgemäß entsorgt, was deutlich unter den Rücklaufquoten anderer Länder liegt und von Umweltverbänden als unzureichend kritisiert wird. Dadurch seien allein „2006 mehrere Hundert Kilogramm Quecksilber unkontrolliert in die Umwelt gelangt.“[6][7]

Zur Wiederverwertung von Siedlungsabfällen war bisher eine möglichst sortenreine Trennung des Abfalls nach Stoffgruppen erforderlich. Inzwischen existieren ausgereifte automatisierte technische Sortieranlagen, die auch gemischte Siedlungsabfälle (teilweise) sortenrein trennen können. Das in den vergangenen Jahren bekannte Bild der öffentlichen Sammelcontainer könnte sich damit zukünftig ändern.

Da Abfälle nicht nur beim Verbraucher anfallen, sondern auch in der Wirtschaft, gibt es auch dort die Notwendigkeit, Abfälle zu erfassen. So fallen z. B. große Mengen Bauschutt, Holzreste, Kunststoffreste und Metallreste an.

Um beim Sammeln von Müll - betriebsintern oder in Form überregionaler Sammelsysteme - den Sortieraufwand zu reduzieren, ist es nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz Pflicht, den Müll vorzusortieren. § 11 benennt die Abfallarten: Papier, Glas, Kunststoffe, organische Abfälle, Metalle, Elektrogeräte, Sperrmüll. Soweit hierfür jeweils gesonderte Müllsammelbehälter aufgestellt sind, muss man seinen Müll entsprechend getrennt darin entsorgen. Eine andere Frage ist, ob die Entsorgungskosten ohne weiteres über die Betriebskosten umlagefähig sind, was beispielsweise hinsichtlich des Sperrmülls dann ausgeschlossen ist, wenn der Verursacher bekannt ist oder die Kosten nur einmalig anfallen.

Eine Systematik wurde durch den Recyclingcode eingeführt, den man im Wesentlichen auf Produkten aus Kunststoff, aber auch auf anderen Gegenständen finden kann.

Als Wiederverwertung sollte in erster Linie eine Wieder-/Weiterverwendung ('Second Hand') verstanden werden, auch wenn sich dies in der einschlägigen Gesetzgebung nicht in dieser Form wiederfindet. Direkte Wiederverwendung von gebrauchten Gegenständen und Stoffen ist die am wenigsten energie- und damit am wenigsten CO2-aufwändige Weiternutzung von Ressourcen.

Downcycling und Upcycling

Ein möglicher Nachteil von beispielsweise Kunststoff ist, dass – bei vertretbarem Aufwand – das Material nicht mehr die ursprüngliche Qualität oder deren Verarbeitbarkeit erreicht wie bei der Primärherstellung vor dem Recyclingprozess. Diese Abwertung wird auch als Downcycling bezeichnet, während beim Upcycling aus Abfallstoffen eines Prozesses hochwertigere Produkte hergestellt werden können. Reststoffe, die während des Recyclingvorganges bestimmter organischer Materialien anfallen, werden Spuckstoffe genannt. Einen verbesserten Ansatz bietet das Vinyloop-Verfahren, bei dem die Qualität des recycleten PVC für eine erneute Verwendung im selben Produktbereich ausreichend ist. Dies geschieht durch selektive Auflösung der einzelnen Werkstoffe.

Die Neigung eines Polymers bei der Wiederverarbeitung zu degradieren, hängt vom gewählten Aufbereitungsverfahren ab und vom jeweiligen Grundpolymertyp sowie dem Gehalt an Additiven, die den thermisch-oxidativen Abbau der Molekülketten bei der Verarbeitung stark herabsetzen können. In einigen Fällen erreicht der verwertete Kunststoff durchaus das Eigenschaftsniveau der Originalware. Es kommt hierbei auf die Qualität und Sortenreinheit der gesammelten Altteile und den Aufbereitungsprozess und die Nachadditivierung an. Auch der Gesamtenergieverbrauch bei der Wiederaufbereitung wird vielfach überschätzt. Mit nicht mehr als rund 10 bis 15 MJ/kg Polymer (Thermoplast) ist bei Teilen, die eine Einzelmasse von mehr als 100 g besitzen, die komplette Aufbereitung durchführbar (in diesem Zusammenhang wird auf Originalliteratur aus den Jahren 1990 bis 1997 sowie auf die Quellen[8][9][10][11][12] verwiesen).

Siehe auch

Rohstoffrückgewinnung
Aluminiumrecycling | Papierrecycling | Glasrecycling | Kupferrecycling | Wasseraufbereitung
Downcycling
Fahrzeugrecycling | Elektro-/Elektronikrecycling | Kunststoffrecycling | Recycling-Baustoff (Straßenbau) | Kernschrott
Abfallentsorgung
Müllverbrennung | Bioabfall
Weiterverwendung von Gegenständen
Refurbishing | Remarketing | Umsonstladen | containern | Upcycling
Weitere Konzepte
Freecycle | Recycling-Code

Literatur

  • Heiko Doedens, Heinz-Josef Dornbusch: Entwicklungen bei den Systemen der getrennten Sammlung. In: Müll und Abfall. Fachzeitschrift für Behandlung und Beseitigung von Abfällen. Schmidt, München 37.2005,6, S. 301–308, ISSN 0027-2957.

Weblinks

  • Commons: Recycling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference
  • Wiktionary Wiktionary: Recycling – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gesetzestext im Original. Abgerufen am 24. Januar 2013.
  2. Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG
  3. Zahlen Papier-Recycling für die Schweiz 2011
  4. RICHTLINIE 2008/98/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien
  5. Lightcycle Jahresbericht 2007
  6. Pressemeldung der Deutschen Umwelthilfe (10. Juli 2009)
  7. http://www.presseportal.de/pm/22521/949557/deutsche_umwelthilfe_e_v
  8. H. Kindler, A. Nikles, München 1980.
  9. Johannes Brandrup, Michaeli, München 1995.
  10. VDI Gesellschaft Entwicklung Konstruktion und Vertrieb, Düsseldorf 1991.
  11. K. Grefermann, K. Halk, K.-D. Knörndel, München 1998.
  12. ecological manufacturing. TU Berlin SFB CRC. 281.2003.

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