Panoramascheibe
Die Bezeichnung Panoramascheibe wird für eine besonders geformte und geschnittene Windschutzscheibe oder Heckscheibe im Automobil verwendet. Die Scheibenfläche ist an den Seiten um bis zu 90° zur Längsachse des Fahrzeugs gekrümmt. Die Scheibe ist außerdem so geschnitten, dass die unteren gerundeten Ecken jeweils einen spitzen Innenwinkel aufweisen. Die A-Säule ist daher auf Scheibenhöhe im Gegensatz zur üblichen Bauweise nach vorn geneigt. Die Tür-Seitenfenster gleichen diesen Maßunterschied gegebenenfalls mit einem vorderen Ausstellfenster aus, das unten kürzer ist als oben. Bei einer Panoramascheibe im Heckfenster verläuft die seitliche Karosserieeinrahmung ebenfalls mit einer umgekehrten Schrägrichtung gegenüber konventionellen Bauformen.
Gelegentlich bezeichnen Werbetexter auch andere großzügig gestalteten Autoscheiben als „Panoramascheibe“, was jedoch im ursprünglichen Sinn nicht zutreffend ist.
Modeerscheinung
Beginnend in den USA war die Panoramascheibe ein modisch sehr beliebtes Element im Automobildesign der 1950er Jahre. Bei höherwertigen US-Modellen und vor allem bei klassischen Straßenkreuzern war sie zusammen mit Heckflossen fast schon ein „Muss“. Bei offenen Cabrios kam eine vordere Panoramascheibe besonders gut zur Geltung. Die amerikanische Bezeichnung lautet „wraparound windshield“ (herumgewickelte Windschutzscheibe). Ab Mitte der 50er Jahre kam die Mode auch nach Europa und fand besonders bei den deutschen Automobilherstellern Anklang. Sogar Kleinwagen wurden mit Panoramascheiben ausgestattet. Anfang der 1960er Jahre verschwand die Mode jedoch wieder vollständig vom Markt.
Nutzen
Der praktische Nutzen der Panoramascheiben war gering, obwohl der Name eine Panoramasicht signalisierte und die Werbung von einer die Sicherheit erhöhenden verbesserten Seitensicht sprach. Unabhängig davon war die Panoramascheibe aber ein Zeichen des technischen Fortschritts, wenn man bedenkt, dass im Automobilbau nur wenige Jahre zuvor die Frontscheiben noch klein und flach, bei manchen Fahrzeugen sogar durch Stege unterteilt waren. Der vordere Einstieg wurde durch die nach hinten ragende Scheibenecke mitunter allerdings erschwert. Heutige Anforderungen an Crash-sichere, verformungsstabile Karosserien wären mit einer vorderen Panoramascheibe nur unter Schwierigkeiten zu realisieren.
Beispiele
Unter anderem folgende Fahrzeuge waren mit Panoramascheiben ausgestattet:
Amerikanische Modelle
- Cadillac Eldorado
- Cadillac DeVille
- Chevrolet Task Force (Pick-up)
- Chevrolet Corvette C1
- Chevrolet Bel Air
- Chevrolet Impala
- Chrysler Imperial
- Buick Electra
- Buick LeSabre
- Buick Limited
- Buick Roadmaster
- Edsel
- Ford Fairlane
- Ford-F-Serie (Pick-up)
- Ford Thunderbird
- Oldsmobile 88
- Oldsmobile 98
- Packard Caribbean
- Packard Clipper
- Packard Executive
- Pontiac Star Chief
- Rambler Ambassador
Deutsche Modelle
- Auto Union 1000 (1960–1963)
- Auto Union 1000 Sp (1958–1965)
- Glas Isar (1958–1965)
- Opel Kapitän P1 (1958–1959)
- Opel Kapitän P2 (1959–1963)
- Opel Rekord P1 (1957–1960)
sonstige Europäische Modelle
- Facel Vega Excellence
- Lancia Aurelia B24 Spider
- Vauxhall Cresta
- Vauxhall Victor
Deutsche Modelle nur Heck-Panoramascheibe
- BMW Isetta Standard (1955–1957)
- Borgward P 100 (1960–1961)
- Goggomobil Coupé (1957–1969)
- Lloyd Arabella (1959–1963)
- Mercedes-Benz 220 SE Coupé (1958–1960)
- Porsche 911 Targa (1968-1993)
Weitere Anmerkungen
- Sogar Mercedes konnte sich Anfang der 60er Jahre bei den Modellen W110 sowie W 111 dem Designtrend nicht ganz verschließen, auch wenn es sich nur um eine angedeutete Panoramascheibe handelte; so wie auch die Heckflosse nur leicht angedeutet war.
- Porsche hat für die 911 Targa Modelle von 1965 bis 1993 auch eine Panorama-Heckscheibe verwendet, die von 1965 bis zum Modelljahr 1969 sogar komplett herausnehmbar war. Zu dieser Zeit war die Panoramascheibe als Designtrend längst gestorben. Es handelte sich um eine naheliegende konstruktive Lösung, die durch die spezielle Form des Überrollbügels bedingt war.
- Eine kuriose Besonderheit war das Design des Heckfensters beim Citroën Ami 6. Die seitlichen Fensterstreben waren wie bei einer Panoramascheibe nach innen geneigt, allerdings verfügte das Fahrzeug nicht über eine gewölbte Panoramascheibe sondern über eine ebene Heckscheibe, die wie die Streben ebenfalls nach innen geneigt war.
- Bei Bussen aus den 50er und 60er Jahren waren gebogene Fenster in der Dachwölbung an beiden Längsseiten sowie manchmal über dem Fahrer beliebt, z. B. von Volkswagen, Kässbohrer/Setra, Neoplan/Auwärter, Mercedes-Benz und Magirus-Deutz. In diesem Fall spricht man ebenfalls von Panoramascheiben oder von „Panoramafenstern“. Die Sicht für die Fahrgäste wurde dadurch wesentlich verbessert, allerdings heizte sich der Innenraum bei Sonneneinstrahlung sehr schnell auf.
- Auch bei Motorbooten sieht man häufig Panoramascheiben. Während man im Automobilbau von einer klassischen Designmode – ähnlich wie bei den Heckflossen – sprechen kann, ist die vordere Panoramascheibe bei Motorbooten nach wie vor beliebt.