Japanische Zeitrechnung

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Die Japanische Zeitrechnung ist ein System zur Einteilung der Zeit, das weitgehend aus dem Chinesischen Kalender hervorging, aber eine ganze Reihe von landestypischen Besonderheiten aufwies. Das System wurde am 1. Januar 1873 im Zuge der Meiji-Restauration auf den gregorianischen Kalender mit einigen Besonderheiten umgestellt.

Jahre

Jahreszählung

In Japan existierten vier verschiedene Jahreszählweisen:

  • das aus China stammende Gengō-System das auf Ären basierte, die durch eine Devise (Nengō) gekennzeichnet waren,
  • das ebenfalls aus China stammende System der Tierkreiszeichen, das sich periodisch alle sechzig Jahre wiederholt,
  • die westliche Zählweise (西暦, seireki), die mit der Geburt Jesu beginnt (Anno Domini) und
  • die davon abgeleitete Kōki (皇紀), die die japanischen Reichsgründung 660 v. Chr. als Epoche nimmt.

Gengō (Nengō)

Hauptartikel: Nengō

Im japanischen Altertum wurde aus China das Gengō-System übernommen. In diesem wurde vom Tennō zu bestimmten Anlässen wie seiner Thronbesteigung oder anderen Ereignissen eine neue Ära ausgerufen, die durch eine bestimmte Devise (nengō) gekennzeichnet war.

Vor 1868 konnten nengō zu jedem beliebigen Zeitpunkt geändert werden. Viele dauerten nur wenige Jahre, daher ist das System äußerst unübersichtlich.

Das erste Jahr (元年, gannen) einer neuen Ära beginnt seit der Angleichung an den westlichen Kalender 1873 jeweils mit dem Amtsantritt eines neuen Kaisers (Tennō), endet aber am 31. Dezember, sodass das Kalenderjahr, in dem der Kaiser wechselt, jeweils zu zwei Ären gehört. Seit der Meiji-Restauration gab es bisher (2010) vier Ären/Jahresdevisen:

  • Meiji (明治) von 1868 (Meiji 1) bis 1912 (Meiji 45)
  • Taishō (大正) von 1912 (Taishō 1) bis 1926 (Taishō 15)
  • Shōwa (昭和) von 1926 (Shōwa 1) bis 1989 (Shōwa 64)
  • Heisei (平成) seit 1989 (Heisei 1)

Die Jahre werden dabei je Ära jeweils von neuem ab 1 gezählt. Das Jahr 2010 entspricht Heisei 22 nach japanischer Zeitrechnung.

In offiziellen japanischen Dokumenten wurde ab dem Kriegsende 1945 auf Anordnung der alliierten Besatzungsmächte die westliche Jahreszählung verwendet, seit dem 6. Juni 1979 gilt gesetzlich wieder die japanische. Die moderne Geschichtswissenschaft verwendet auch in Japan die westliche Jahreszählung, vor allem für Jahre vor 1868. Im Alltag ist dagegen die japanische Zählweise häufiger.

Für Daten wird die Reihenfolge Jahr - Monat - Tag verwendet. Das Datum 16/01/07 beispielsweise bezeichnet den siebten Tag im ersten Monat des Jahres Heisei 16, also den 7. Januar 2004. Ist die Ära nicht eindeutig bestimmt, findet man oft den Anfangsbuchstaben des Ärennamens vorangestellt, etwa bezeichnet H16.01 den Januar 2004 oder S62.11 den November 1987.

Viele moderne Japaner, die dem Kaiserhof, insbesondere dessen Geschichte, kritisch gegenüberstehen, halten den Gebrauch des nengō für rückständig. Hier hat der Gebrauch also auch eine deutliche politische Botschaft: Dem Nutzer des nengō wird Affinität zum tennō unterstellt.

Für die Namen der einzelnen japanischen Ären mit Angabe des Jahres siehe Liste der Nengō.

Kōki

Im Zuge der Meiji-Restauration übernahm die Meiji-Regierung zum 1. Januar 1873 den gregorianischen Kalender. Jedoch wollte man nicht die Jahreszählung nach Christi Geburt einführen, sondern als japanische Variante die nach der Jimmu-Ära. Deren legendärer Beginn war der 11. Februar 660 v. Chr., an welchem, beruhend auf einem Bericht im Nihonshoki, der erste Tennō Jimmu den japanischen Thron bestieg (und somit das japanische Reich begründet haben soll). Bei dieser Kōki (皇紀) genannten Zählweise fängt damit die Zeitrechnung 660 v. Chr. mit Kōki 1 an, während Kōki 2600 das Jahr 1940 der christlichen Zählweise bezeichnet. Die Kōki-Zählweise wurde bis zur Kapitulation Japans und der anschließenden Neuordnung des japanischen Rechts unter der Alliierten Besatzung Japans offiziell beibehalten.

Mit dem „Gesetz zur Novellierung über die Feiertage des Volks“ (verabschiedet am 25. Juni 1966) wurde dieser Tag als Reichsgründungstag ein gesetzlicher Feiertag in Japan, ein Tagesdatum wurde aber noch nicht festgelegt. Ein zur Klärung dieser Frage eingesetzter zehnköpfiger Beratungsausschuss entschied sich letztlich am 9. Dezember 1966 für den 11. Februar, der am selben Tag per Rechtsverordnung als Datum des Feiertages bestimmt wurde.

Jahreseinteilung

Vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders am 1. Januar 1873 als reiner Solarkalender wurde wie in China das System des Lunisolarkalenders verwendet.

Bei diesem bezeichnet der Neumond den Monatsersten. Ein Jahr bestand aus zwölf Monaten mit 29 oder 30 Tagen. Um die entstehenden Differenzen zum Sonnenjahr auszugleichen, wurden zusätzliche, interkalendarische Monate eingefügt. Allerdings geschah dies in Japan nicht nach einem regelmäßigen System. Somit gibt es bei der Umrechnung von traditionellen japanischen Monats- und Tagesangaben in ein westliches Datum eine Differenz von oft mehr als 30 Tagen. Eine genaue Umrechnung kann nur mit Hilfe von Umrechnungstabellen vorgenommen werden.

Monate

Die Monate hatten im Japanischen ursprünglich Eigennamen, die heute noch z. B. in Gedichten verwendet werden und sich auf die Mondmonate bezogen. Im Alltagsjapanisch werden sie jedoch einfach vom Ersten Monat (一月, ichigatsu, dt. „Januar“) bis zum Zwölften Monat (十二月, jūnigatsu, dt. „Dezember“) durchgezählt.

Monat Alltagsjapanisch Eigenname Bedeutung
01 ichigatsu (一月) mutsuki (睦月) Monat der Zuneigung
02 nigatsu (二月) kisaragi (如月) bzw. kinusaragi (衣更着) mehr Kleidung anziehen
03 sangatsu (三月) yayoi (弥生) zunehmendes Leben
04 shigatsu (四月) uzuki (卯月) Deutzienmonat
05 gogatsu (五月) satsuki (皐月/早月) Monat der Reissetzlinge (von sanaetsuki (早苗月))
06 rokugatsu (六月) minatsuki/minazuki (水無月) Monat des Wassers[Anm. 1]
07 shichigatsu (七月) fumizuki (文月) Buchmonat
08 hachigatsu (八月) hazuki (葉月) Blattmonat
09 kugatsu (九月) nagatsuki (長月) langer Monat
10 jūgatsu (十月) kaminazuki/kannazuki (神無月) Monat ohne Götter
in Izumo: kamiarizuki (神在月) Monat der anwesenden Götter[Anm. 2]
11 jūichigatsu (十一月) shimotsuki (霜月) Frostmonat
12 jūnigatsu (十二月) shiwasu (師走) Priester rennen[Anm. 3]
  1. Das Zeichen (na), welches als 水無 eigentlich wasserlos bedeutet, wird hier phonetisch als Umlautung des Possessivpartikels no verwendet. Monat des Wassers bezeichnet den Anfang der sechswöchigen Regenzeit.
  2. Im Shintō-Glauben versammeln sich im 10. Monat alle Götter im Izumo-Schrein, daher wurde dieser als „Monat ohne Götter“ (kaminazuki/kannazuki) bezeichnet, nur in Izumo jedoch als „Monat der anwesenden Götter“ (kamiarizuki).
  3. Die Priester sind mit den Vorbereitungen zum Neujahrsfest beschäftigt.

Monatseinteilung

Die Monate werden heute in Wochen mit je sieben Tagen eingeteilt. Daneben existiert aber auch eine Einteilung in Dekaden die jun () genannt werden: jōjun (上旬, dt. „obere Dekade“) oder shojun (初旬, dt. „erste Dekade“) für die ersten zehn Tage, chūjun (中旬, dt. „mittlere Dekade“) für die nächsten zehn Tage und gejun (下旬, dt. „untere Dekade“) für die Tage ab und einschließlich dem 21.

Tage

Wochentage

Die heutige japanische Woche hat sieben Tage, die benannt sind nach Sonne, Mond und den fünf chinesischen Elementen der chinesischen Naturphilosophie bzw. der ihnen zugeordneten Planeten (die selbst wiederum nach diesen Elementen benannt sind). Diese Planeten sind dieselben, die den jeweiligen westlichen Wochentagen zugeordnet sind. Dieses wohl in Babylonien entstandene Konzept war bereits im 4. Jahrhundert in China bekannt. Es geriet dort wieder in Vergessenheit, wurde aber in Japan für astrologische Zwecke eingesetzt.

Bei der Einführung des westlichen Kalenders in der Meiji-Zeit wurde auf die alten japanischen Namen der Wochentage zurückgegriffen.

Deutsch Japanisch Bedeutung
Sonntag nichi-yōbi (日曜日) Tag der Sonne
Montag getsu-yōbi (月曜日) Tag des Mondes
Dienstag ka-yōbi (火曜日) Tag des Feuers / des Mars’
Mittwoch sui-yōbi (水曜日) Tag des Wassers / des Merkurs
Donnerstag moku-yōbi (木曜日) Tag des Baumes / des Jupiters
Freitag kin-yōbi (金曜日) Tag des Metalls / der Venus
Samstag do-yōbi (土曜日) Tag der Erde / des Saturns

Für Terminangaben wird oft nur das erste Kanji des Wochentages angegeben. Beispielsweise wird ein am Samstag, dem 8. Juli stattfindendes Konzert unter Umständen mit der Angabe 7/8 (土) publik gemacht.

Monatstage

Die Tage eines Monats besitzen eine systematische aber unregelmäßige Benennung, wobei der Monatstag üblicherweise als arabische Zahl, gelegentlich auch als chinesische Zahl, plus geschrieben wird:

1 一日 tsuitachi (auch ichijitsu) 17 十七日 jūshichinichi
2 二日 futsuka 18 十八日 jūhachinichi
3 三日 mikka 19 十九日 jūkunichi
4 四日 yokka 20 二十日 hatsuka
5 五日 itsuka 21 二十一日 nijūichinichi
6 六日 muika 22 二十二日 nijūninichi
7 七日 nanoka 23 二十三日 nijūsannichi
8 八日 yōka 24 二十四日 nijūyokka
9 九日 kokonoka 25 二十五日 nijūgonichi
10 十日 tōka 26 二十六日 nijūrokunichi
11 十一日 jūichinichi 27 二十七日 nijūshichinichi
12 十二日 jūninichi 28 二十八日 nijūhachinichi
13 十三日 jūsannichi 29 二十九日 nijūkunichi
14 十四日 jūyokka 30 三十日 sanjūnichi
15 十五日 jūgonichi 31 三十一日 sanjūichinichi
16 十六日 jūrokunichi  

Tsuitachi (auch: 朔日) ist eine Verschleifung von tsukitachi, was wörtlich „Mondaufgang“ bedeutet, d.h. den zunehmenden Mond ab dem Neumond als Monatsanfang meint. Traditionell wurde der Tag eines Monatsendes als misoka (晦日) bezeichnet, was Altjapanisch für „30. Tag“ ist, wobei die verwendeten chinesischen Schriftzeichen „dunkler Tag“ bedeuten in Bezugnahme auf den abnehmenden Mond bis schließlich dem Neumond. Häufiger ist der Gebrauch dieses Begriffes für den letzten Tag des Jahres als ōmisoka (大晦日, dt. „der große letzte Tag“).

Tageseinteilung

Traditionell wurden die Tage in jeweils sechs Tages- und Nachtabschnitte eingeteilt. Die erste Tagesstunde begann mit der Morgendämmerung. Die der sechsten Tagesstunde folgende erste Nachtstunde begann mit der Abenddämmerung. Die jeweiligen Stundenlängen unterschieden sich daher, ausgenommen während der Tag-und-Nacht-Gleiche.[1]

Die moderne Tageseinteilung ist die 24-Stunden-Zählung.

Literatur

  • Reinhard Zöllner: Japanische Zeitrechnung. Ein Handbuch. Iudicium, München 2003, ISBN 3-89129-783-1 (Erfurter Reihe zur Geschichte Asiens 4).

Einzelnachweise

  1.  Yasuhiro Yokota: A Historical Overview of Japanese Clocks and Karakuri. In: Hong-Sen Yan, Marco Ceccarelli (Hrsg.): International Symposium on History of Machines and Mechanisms. Springer Netherlands, 2009, ISBN 978-1-4020-9484-2, S. 186, doi:10.1007/978-1-4020-9485-9_13.

Siehe auch

  • Liste der Kalendersysteme
  • Liste der Nengō

Weblinks

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