Fotografie
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Fotografie oder Photographie (aus griechisch φῶς, phos, im Genitiv: φωτός, photos, „Licht (der Himmelskörper)“, „Helligkeit“ und γράφειν, graphein, „zeichnen“, „ritzen“, „malen“, „schreiben“) bezeichnet
- eine bildgebende Methode,[1] bei der mit Hilfe von optischen Verfahren ein Lichtbild auf ein lichtempfindliches Medium projiziert und dort direkt und dauerhaft gespeichert (analoges Verfahren) oder in elektronische Daten gewandelt und gespeichert wird (digitales Verfahren).
- das dauerhafte Lichtbild (Diapositiv, Filmbild oder Papierbild; kurz Bild, umgangssprachlich auch Foto genannt), das durch fotografische Verfahren hergestellt wird; dabei kann es sich entweder um ein Positiv oder ein Negativ auf Film, Folie, Papier oder anderen fotografischen Trägern handeln. Fotografische Aufnahmen werden als Abzug, Vergrößerung, Filmkopie oder als Ausbelichtung bzw. Druck von digitalen Bild-Dateien vervielfältigt. Der entsprechende Beruf ist der Fotograf.
- Bilder, die für das Kino aufgenommen werden. Beliebig viele fotografische Bilder werden in Reihen von Einzelbildern auf Film aufgenommen, die später mit einem Filmprojektor als bewegte Bilder (Laufbilder) vorgeführt werden können.
Begriff
Der Begriff Photographie wurde erstmals (noch vor englischen oder französischen Veröffentlichungen) am 25. Februar 1839 vom Astronomen Johann Heinrich von Mädler in der Vossischen Zeitung verwendet.[2] Bis ins 20. Jahrhundert bezeichnete Fotografie alle Bilder, welche rein durch Licht auf einer chemisch behandelten Oberfläche entstehen. Mit der deutschen Rechtschreibreform 1901 wurde die Schreibweise „Fotografie“ empfohlen, was sich jedoch bis heute nicht ganz durchsetzen konnte. Gemischte Schreibungen wie „Fotographie“ oder „Photografie“ sowie daraus abgewandelte Adjektive oder Substantive waren jedoch zu jeder Zeit eine falsche Schreibweise.
Allgemeines
Die Fotografie ist ein Medium, das in sehr verschiedenen Zusammenhängen eingesetzt wird. Fotografische Abbildungen können beispielsweise Gegenstände mit primär künstlerischem (künstlerische Fotografie) oder primär kommerziellem Charakter sein (Industriefotografie, Werbe- und Modefotografie). Die Fotografie kann unter künstlerischen, technischen (Fototechnik), ökonomischen (Fotowirtschaft) und gesellschaftlich-sozialen (Amateur-, Arbeiter- und Dokumentarfotografie) Aspekten betrachtet werden. Des Weiteren werden Fotografien im Journalismus und in der Medizin verwendet.
Die Fotografie ist teilweise ein Gegenstand der Forschung und Lehre in der Kunstgeschichte und der noch jungen Bildwissenschaft. Der mögliche Kunstcharakter der Fotografie war lange Zeit umstritten, ist jedoch seit der fotografischen Stilrichtung des Pictorialismus um die Wende zum 20. Jahrhundert letztlich nicht mehr bestritten. Einige Forschungsrichtungen ordnen die Fotografie der Medien- oder Kommunikationswissenschaft zu, auch diese Zuordnung ist umstritten.
Im Zuge der technologischen Weiterentwicklung fand zu Beginn des 21. Jahrhunderts allmählich der Wandel von der klassischen analogen (Silber-)Fotografie hin zur Digitalfotografie statt. Der weltweite Zusammenbruch der damit in Zusammenhang stehenden Industrie für analoge Kameras aber auch für Verbrauchsmaterialien (Filme, Fotopapier, Fotochemie, Laborgeräte) führt dazu, dass die Fotografie mehr und mehr auch unter kulturwissenschaftlicher und kulturhistorischer Sicht erforscht wird. Allgemein kulturelle Aspekte in der Forschung sind z.B. Betrachtungen über den Erhalt und die Dokumentation der praktischen Kenntnis der fotografischen Verfahren für Aufnahme und Verarbeitung aber auch der Wandel im Umgang mit der Fotografie im Alltag. Zunehmend kulturhistorisch interessant werden die Archivierungs- und Erhaltungstechniken für analoge Aufnahmen aber auch die systemunabhängige langfristige digitale Datenspeicherung.
Die Fotografie unterliegt dem komplexen und vielschichtigen Fotorecht; bei der Nutzung von vorhandenen Fotografien sind die Bildrechte zu beachten.
Fototechnik
Prinzipiell wird meist mit Hilfe eines optischen Systems, in vielen Fällen einem Objektiv, fotografiert. Dieses wirft das von einem Objekt ausgesendete oder reflektierte Licht auf die lichtempfindliche Schicht einer Fotoplatte, eines Films oder auf einen fotoelektrischen Wandler, einen Bildsensor.
Fotografische Kameras
Der fotografischen Aufnahme dient eine fotografische Apparatur (Kamera). Durch Manipulation des optischen Systems (unter anderem die Einstellung der Blende, Scharfstellung, Farbfilterung, die Wahl der Belichtungszeit, der Objektivbrennweite, der Beleuchtung und nicht zuletzt des Aufnahmematerials) stehen dem Fotografen oder Kameramann zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten offen. Als vielseitigste Fotoapparatbauform hat sich sowohl im Analog- als auch im Digitalbereich die Spiegelreflexkamera durchgesetzt. Für viele Aufgaben werden weiterhin die verschiedensten Spezialkameras benötigt und eingesetzt.
Lichtempfindliche Schicht
Bei der filmbasierten Fotografie (z. B. Silber-Fotografie) ist die lichtempfindliche Schicht auf der Bildebene eine Dispersion (im allgemeinen Sprachgebrauch Emulsion). Sie besteht aus einem Gel, in dem gleichmäßig kleine Körnchen eines Silberhalogenids (zum Beispiel Silberbromid) verteilt sind. Je kleiner diese Körnchen sind, umso weniger lichtempfindlich ist die Schicht (siehe ISO-5800-Standard), umso besser ist allerdings die Auflösung („Korn“). Dieser lichtempfindlichen Schicht wird durch einen Träger Stabilität verliehen. Trägermaterialien sind Zelluloseacetat, früher diente dazu Zellulosenitrat (Zelluloid), Kunststofffolien, Metallplatten, Glasplatten und sogar Textilien (siehe Fotoplatte und Film).
Bei der Digitalfotografie besteht das Äquivalent der lichtempfindlichen Schicht aus Chips wie CCD- oder CMOS-Sensoren.
Entwicklung und Fixierung
Durch das Entwickeln bei der filmbasierten Fotografie wird auf chemischem Wege das latente Bild sichtbar gemacht. Beim Fixieren werden die nicht belichteten Silberhalogenid-Körnchen wasserlöslich gemacht und anschließend mit Wasser herausgewaschen, sodass ein Bild bei Tageslicht betrachtet werden kann, ohne dass es nachdunkelt.
Ein weiteres älteres Verfahren ist das Staubverfahren, mit dem sich einbrennbare Bilder auf Glas und Porzellan herstellen lassen.
Ein digitales Bild muss nicht entwickelt werden; es wird elektronisch gespeichert und kann anschließend mit der elektronischen Bildbearbeitung am Computer bearbeitet und bei Bedarf auf Fotopapier ausbelichtet oder beispielsweise mit einem Tintenstrahldrucker ausgedruckt werden. Bei der Weiterverarbeitung von Rohdaten spricht man auch hier von Entwicklung.
Der Abzug
Als Abzug bezeichnet man das Ergebnis einer Kontaktkopie, einer Vergrößerung, oder einer Ausbelichtung; dabei entsteht in der Regel ein Papierbild. Abzüge können von Filmen (Negativ oder Dia) oder von Dateien gefertigt werden.
Abzüge als Kontaktkopie haben dieselbe Größe wie die Abmessungen des Aufnahmeformats; wird eine Vergrößerung vom Negativ oder Positiv angefertigt, beträgt die Größe des entstehenden Bildes ein Vielfaches der Größe der Vorlage, dabei wird jedoch in der Regel das Seitenverhältnis beibehalten, das bei der klassischen Fotografie bei 1,5 bzw. 3:2 oder in USA 4:5 liegt.
Eine Ausnahme davon stellt die Ausschnittvergrößerung dar, deren Seitenverhältnis in der Bühne eines Vergrößerers beliebig festgelegt werden kann; allerdings wird auch die Ausschnittvergrößerung in der Regel auf ein Papierformat mit bestimmten Abmessungen belichtet.
Der Abzug ist eine häufig gewählte Präsentationsform der Amateurfotografie, die in speziellen Kassetten oder Alben gesammelt werden. Bei der Präsentationsform der Diaprojektion arbeitet man in der Regel mit dem Original-Diapositiv, also einem Unikat, während es sich bei Abzügen immer um Kopien handelt.
Geschichte der Fotografie
Vorläufer und Vorgeschichte
Der Name Kamera leitet sich vom Vorläufer der Fotografie, der Camera obscura („Dunkle Kammer“) ab, die bereits seit dem 11. Jahrhundert bekannt ist und Ende des 13. Jahrhunderts von Astronomen zur Sonnenbeobachtung eingesetzt wurde. Anstelle einer Linse weist diese Kamera nur ein kleines Loch auf, durch das die Lichtstrahlen auf eine Projektionsfläche fallen, von der das auf dem Kopf stehende, seitenverkehrte Bild abgezeichnet werden kann. In Edinburgh und Greenwich bei London sind begehbare, raumgroße Camerae obscurae eine Touristenattraktion. Auch das Deutsche Filmmuseum hat eine Camera obscura, in der ein Bild des gegenüberliegenden Mainufers projiziert wird.
Ein Durchbruch ist 1550 die Wiedererfindung der Linse, mit der hellere und gleichzeitig schärfere Bilder erzeugt werden können. 1685: Ablenkspiegel, ein Abbild kann so auf Papier gezeichnet werden.
Im 18. Jahrhundert kamen die Laterna magica, das Panorama und das Diorama auf. Chemiker wie Humphry Davy begannen bereits, lichtempfindliche Stoffe zu untersuchen und nach Fixiermitteln zu suchen.
Die frühen Verfahren
Die vermutlich erste Fotografie der Welt wurde im Frühherbst 1826 durch Joseph Nicéphore Nièpce im Heliografie-Verfahren angefertigt. 1837 benutzte Louis Jacques Mandé Daguerre ein besseres Verfahren, das auf der Entwicklung der Fotos mit Hilfe von Quecksilber-Dämpfen und anschließender Fixierung in einer heißen Kochsalzlösung oder einer normal temperierten Natriumthiosulfatlösung beruhte. Die auf diese Weise hergestellten Bilder, allesamt Unikate auf versilberten Kupferplatten, wurden als Daguerreotypien bezeichnet. Bereits 1835 hatte der Engländer William Fox Talbot das Negativ-Positiv-Verfahren erfunden. Auch heute werden noch manche der historischen Verfahren als Edeldruckverfahren in der Bildenden Kunst und künstlerischen Fotografie verwendet.
Im Jahr 1883 erschien in der bedeutenden Leipziger Wochenzeitschrift Illustrirte Zeitung zum ersten Mal in einer deutschen Publikation ein gerastertes Foto in Form einer Autotypie, einer um 1880 erfolgten Erfindung von Georg Meisenbach.
20. Jahrhundert
Fotografien konnten zunächst nur als Unikate hergestellt werden, mit der Einführung des Negativ-Positiv-Verfahrens war eine Vervielfältigung im Kontaktverfahren möglich. Die Größe des fertigen Fotos entsprach in beiden Fällen dem Aufnahmeformat, was sehr große, unhandliche Kameras erforderte. Mit dem Rollfilm und insbesondere der von Oskar Barnack bei den Leitz Werken entwickelten und 1924 eingeführten Kleinbildkamera, die den herkömmlichen 35-mm-Kinofilm verwendete, entstanden völlig neue Möglichkeiten für eine mobile, schnelle Fotografie. Obwohl, durch das kleine Format bedingt, zusätzliche Geräte zur Vergrößerung erforderlich wurden, und die Bildqualität mit den großen Formaten bei Weitem nicht mithalten konnte, setzte sich das Kleinbild in den meisten Bereichen der Fotografie als Standardformat durch.
Analogfotografie
→ Hauptartikel: Analogfotografie
Begriff
Zur Abgrenzung gegenüber den neuen fotografischen Verfahren der Digitalfotografie tauchte zu Beginn des 21. Jahrhunderts der Begriff Analogfotografie oder stattdessen auch die bereits veraltete Schreibweise Photographie wieder auf.
Allgemeines
Eine Fotografie selbst kann weder analog noch digital sein. Lediglich die Bildinformation kann punktuell mittels physikalischer, analog messbarer Signale (Densitometrie, Spektroskopie) bestimmt werden. Nach der Belichtung des Films liegt diese Information nur latent vor. Gespeichert wird diese Information nicht in der Analogkamera sondern erst bei der Entwicklung des Films mittels chemischer Reaktion in einer dreidimensionalen Gelatineschicht (Film hat mehrere übereinander liegende Sensibilisierungsschichten). Die Bildinformation liegt dann als Unikat in Form von entwickelten Silberhalogeniden bzw. Farbkupplern vor.
Bei der digitalen Speicherung werden diese analogen Signale in einer zweiten Stufe digitalisiert und werden damit elektronisch interpretier- und weiterverarbeitbar. Die direkte digitale Bildspeicherung auf dem Bildsensor der Digitalkamera arbeitet vereinfacht mit einer lediglich zweidimensional erzeugten digitalen Interpretation der Bildinformation und erzeugt eine beliebig oft (praktisch verlustfrei) kopierbare Datei in Form von differentiell ermittelten digitalen Absolutwerten. Diese Dateien werden unmittelbar nach der Aufnahme in Speicherkarten abgelegt.
Deshalb lassen sich einzelne fotografische Techniken, wie Doppelbelichtung oder Mehrfachbelichtung mittels Digitalfotografie bisher nur im post-processing, nicht aber bei der Aufnahme selbst realisieren.
Digitalfotografie
→ Hauptartikel: Digitalfotografie
Die erste CCD (Charge-coupled Device) Still-Video-Kamera wurde 1970 von Bell konstruiert und 1972 meldet Texas Instruments das erste Patent auf eine filmlose Kamera an, welche einen Fernsehbildschirm als Sucher verwendet.
1973 produzierte Fairchild Imaging das erste kommerzielle CCD mit einer Auflösung von 100 × 100 Pixel.
Dieses CCD wurde 1975 in der ersten funktionstüchtigen digitalen Kamera von Kodak benutzt. Entwickelt hat sie der Erfinder Steven Sasson. Diese Kamera wog 3,6 Kilogramm, war größer als ein Toaster und benötigte noch 23 Sekunden, um ein Schwarz-Weiß-Bild mit 100x100 Pixeln Auflösung auf eine digitale Magnetbandkassette zu übertragen; um das Bild auf einem Bildschirm sichtbar zu machen, bedurfte es weiterer 23 Sekunden.
1986 stellte Canon mit der RC-701 die erste kommerziell erhältliche Still-Video-Kamera mit magnetischer Aufzeichnung der Bilddaten vor, Minolta präsentierte den Still Video Back SB-90/SB-90S für die Minolta 9000; durch Austausch der Rückwand der Kleinbild-Spiegelreflexkamera wurde aus der Minolta 9000 eine digitale Spiegelreflexkamera; gespeichert wurden die Bilddaten auf 2-Zoll-Disketten.
1987 folgten weitere Modelle der RC-Serie von Canon sowie digitale Kameras von Fujifilm (ES-1), Konica (KC-400) und Sony (MVC-A7AF). 1988 folgte Nikon mit der QV-1000C und 1990 sowie 1991 Kodak mit dem DCS (Digital Camera System) sowie Rollei mit dem Digital Scan Pack. Ab Anfang der 1990er Jahre kann die Digitalfotografie im kommerziellen Bildproduktionsbereich als eingeführt betrachtet werden.
Die digitale Fotografie revolutionierte die Möglichkeiten der digitalen Kunst, erleichtert insbesondere aber auch Fotomanipulationen.
Die Photokina 2006 zeigt, dass die Zeit der filmbasierten Kamera endgültig vorbei ist.[3] Im Jahr 2007 sind weltweit 91 Prozent aller verkauften Fotokameras digital[4], die herkömmliche Fotografie auf Filmen schrumpft auf Nischenbereiche zusammen. Im Jahr 2011 besaßen rund 45,4 Millionen Personen in Deutschland einen digitalen Fotoapparat im Haushalt und im gleichen Jahr wurden in Deutschland rund 8,57 Millionen Digitalkameras verkauft.[5]
Siehe auch: Chronologie der Fotografie, Geschichte und Entwicklung der Fotografie
Fotografie als Kunst
Der Kunstcharakter der Fotografie war lange Zeit umstritten; zugespitzt formuliert der Kunsttheoretiker Karl Pawek in seinem Buch „Das optische Zeitalter“ (Olten/Freiburg i. Br. 1963, S. 58): „Der Künstler erschafft die Wirklichkeit, der Fotograf sieht sie.“
Diese Auffassung betrachtet die Fotografie nur als ein technisches, standardisiertes Verfahren, mit dem eine Wirklichkeit auf eine objektive, quasi „natürliche“ Weise abgebildet wird, ohne das dabei gestalterische und damit künstlerische Aspekte zum Tragen kommen: „die Erfindung eines Apparates zum Zwecke der Produktion ... (perspektivischer) Bilder hat ironischerweise die Überzeugung ... verstärkt, dass es sich hierbei um die natürliche Repräsentationsform handele. Offenbar ist etwas natürlich, wenn wir eine Maschine bauen können, die es für uns erledigt.“[6] Fotografien dienten gleichwohl aber schon bald als Unterrichtsmittel bzw. Vorlage in der Ausbildung bildender Künstler (Études d’après nature).
Schon in Texten des 19. Jahrhunderts wurde aber auch bereits auf den Kunstcharakter der Fotografie hingewiesen, der mit einem ähnlichen Einsatz der Technik wie bei anderen anerkannten zeitgenössische grafische Verfahren (Aquatinta, Radierung, Lithografie, ...) begründet wird. Damit wird auch die Fotografie zu einem künstlerischen Verfahren, mit dem ein Fotograf eigene Bildwirklichkeiten erschafft.[7]
Auch zahlreiche Maler des 19. Jahrhunderts, wie etwa Eugène Delacroix, erkannten dies und nutzten Fotografien als Mittel zur Bildfindung und Gestaltung, als künstlerisches Entwurfsinstrument für malerische Werke, allerdings weiterhin ohne ihr einen eigenständigen künstlerischen Wert zuzusprechen.
Der Fotograf Henri Cartier-Bresson, selbst als Maler ausgebildet, wollte die Fotografie ebenfalls nicht als Kunstform, sondern als Handwerk betrachtet wissen: „Die Fotografie ist ein Handwerk. Viele wollen daraus eine Kunst machen, aber wir sind einfach Handwerker, die ihre Arbeit gut machen müssen.“ Gleichzeitig nahm er aber für sich auch das Bildfindungskonzept des entscheidenden Augenblickes in Anspruch, das ursprünglich von Gotthold Ephraim Lessing dramenpoetologisch ausgearbeitet wurde. Damit bezieht er sich unmittelbar auf ein künstlerisches Verfahren zur Produktion von Kunstwerken. Cartier-Bressons Argumentation diente also einerseits der poetologischen Nobilitierung, andererseits der handwerklichen Immunisierung gegenüber einer Kritik, die die künstlerische Qualität seiner Werke anzweifeln könnte. So wurden gerade Cartier-Bressons Fotografien sehr früh in Museen und Kunstausstellungen gezeigt, so zum Beispiel in der MoMa-Retrospektive (1947) und der Louvre-Ausstellung (1955).
Fotografie wurde bereits früh als Kunst betrieben (Julia Margaret Cameron, Lewis Carroll und Oscar Gustave Rejlander in den 1860ern). Der entscheidende Schritt zur Anerkennung der Fotografie als Kunstform ist den Bemühungen von Alfred Stieglitz (1864–1946) zu verdanken, der mit seinem Magazin Camera Work den Durchbruch vorbereitete.
Erstmals trat die Fotografie in Deutschland in der Werkbund-Ausstellung 1929 in Stuttgart in beachtenswertem Umfang mit internationalen Künstlern wie Edward Weston, Imogen Cunningham und Man Ray an die Öffentlichkeit; spätestens seit den MoMA-Ausstellungen von Edward Steichen (The Family of Man, 1955) und John Szarkowski (1960er) ist Fotografie als Kunst von einem breiten Publikum anerkannt, wobei gleichzeitig der Trend zur Gebrauchskunst begann.
Im Jahr 1977 stellte die documenta 6 in Kassel erstmals als international bedeutende Ausstellung in der berühmten Abteilung Fotografie die Arbeiten von historischen und zeitgenössischen Fotografen aus der gesamten Geschichte der Fotografie in den vergleichenden Kontext zur zeitgenössischen Kunst im Zusammenhang mit den in diesem Jahr begangenen „150 Jahren Fotografie“.
Heute ist Fotografie als vollwertige Kunstform akzeptiert. Indikatoren dafür sind die wachsende Anzahl von Museen, Sammlungen und Forschungseinrichtungen für Fotografie, die Zunahme der Professuren für Fotografie sowie nicht zuletzt der gestiegene Wert von Fotografien in Kunstauktionen und Sammlerkreisen. Zahlreiche Gebiete haben sich entwickelt, so die Landschafts-, Akt-, Industrie-, Theaterfotografie und andere mehr, die innerhalb der Fotografie eigene Wirkungsfelder entfaltet haben. Daneben entwickelt sich die künstlerische Fotomontage zu einem der malenden Kunst gleichwertigen Kunstobjekt. Neuere Diskussionen innerhalb der Foto- und Kunstwissenschaften verweisen indes auf eine zunehmende Beliebigkeit bei der Kategorisierung von Fotografie. Zunehmend werde demnach von der Kunst und ihren Institutionen absorbiert, was einst ausschließlich in die angewandten Bereiche der Fotografie gehört habe.
Fotografinnen und Fotografen
Die Fotografie als Objekt der Kunstwissenschaft wurde geprägt durch herausragende Fotografinnen und Fotografen wie beispielsweise – ohne Wertung quer durch die Zeit- und Stilgeschichte der Fotografie – Franz Xaver Setzer, Jacob Wothly, W. H. Talbot, E. S. Curtis, August Sander, Henri Cartier-Bresson, Paul Wolff, Ansel Adams, vor dem Zweiten Weltkrieg, Marie Karoline Tschiedel, Otto Steinert, Richard Avedon, Diane Arbus und unzählige andere bis hin zu „Modernen“ wie Helmut Newton, Manfred Baumann, Walter E. Lautenbacher, Thomas Ruff, Jeff Wall, Andreas Gursky, Gerhard Vormwald und Rafael Herlich. Mit jedem dieser berühmten Fotografen ist eine bestimmte Zeit, eine bestimmte Auffassung von Fotografie, ein persönlicher Stil – möglicherweise innerhalb eines bestimmten Fachgebietes der Fotografie – und eine eigene Thematik verbunden.
Einige Fotografen organisierten sich in Künstlergruppen wie f/64 um Edward Weston in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder arbeiteten zusammen in Foto- oder Bildagenturen wie Magnum Photos oder „Bilderberg – Archiv der Fotografen“, andere arbeiten dagegen bevorzugt alleine.
Oft sind künstlerisch bekannte Fotografen in ihrem „Brotberuf“ eher unauffällig und durchschnittliche „Handwerker“, erst in ihren freien Arbeiten treten sie mit Ausstellungen oder durch Preisverleihungen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Als Beispiel seien der Modefotograf Helmut Newton, der Werbefotograf Reinhart Wolf, der Landschafts- und Architekturfotograf Robert Häusser und der deutsche Eisenbahnfotograf Carl Bellingrodt genannt. Sie wurden mit völlig anderen Sujets als denen ihrer täglichen Arbeit bekannt, nämlich Akt-, Eisenbahn-, Food-, Architektur- sowie mit künstlerisch eigenwilliger Schwarz-Weiß-Fotografie.
Die Fotografie ist jedoch keine exklusive Kunstform, sondern wird auch von zahllosen Amateurfotografen betrieben; die Amateurfotografie ist der Motor der Fotowirtschaft und Motivation für die Produktion der allermeisten Bilder, deren Zahl weltweit monatlich in die Milliarden geht.
Siehe auch: Liste bedeutender Fotografen
Rezeption
Theorie und Praxis
Die Fotografie wird in zahlreichen Einzeltheorien diskutiert, eine einheitliche und umfassende „Theorie der Fotografie“ fehlt bisher. Die gestalterische Gratwanderung zwischen der fotografischen Technik und der gewünschten Bildaussage kennzeichnet die Foto-Praxis. Sie hat sich in den vergangenen rund sechzig Jahren differenziert und umfasst zahllose Bereiche.
Zitate
„Die Photographie ist eine wunderbare Entdeckung, eine Wissenschaft, welche die größten Geister angezogen, eine Kunst, welche die klügsten Denker angeregt – und doch von jedem Dummkopf betrieben werden kann“
– Nadar, 1856
Ausstellungen
- 2012/ 013: Die Geburtsstunde der Fotografie - Meilensteine der Gernsheim-Collection. Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim[8]
Siehe auch
Portal: Fotografie – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Fotografie
- Gerhard Paul (Historiker) mit dem Schwerpunkt: Bilder als ein Medium der Geschichtswissenschaft
- Farbfotografie
Literatur
Fototechnik, Gestaltung und Fotopraxis
- Ansel Adams, Die Kamera, Christian 2002 – ISBN 3-88472-070-8
- Ansel Adams, Das Negativ, Christian 1998 – ISBN 3-88472-071-6
- Ansel Adams, Das Positiv, Christian 1998 – ISBN 3-88472-072-4
- Andreas Feiningers große Fotolehre, Heyne Verlag, ISBN 3-453-17975-7
- Harald Mante, Das Foto, Verlag Photographie 2010;- ISBN 978-3-933131-79-9
- Jost J. Marchesi: Handbuch der Fotografie. Band 1–3 im Schuber. Gilchingen: Verlag Photographie, Januar 2006. – ISBN 3-933131-77-4
- Claus Militz/Urs Tillmanns, Leica Fotoschule, Verlag Photographie;– ISBN 3-7231-6300-9
- Willy Puchner, Gestaltung mit Licht, Form und Farbe, München 1981, ISBN 3-87467-207-7
- Tom! Striewisch, Der große Humboldt Fotolehrgang, Humboldt-Verlag 5. Auflage Mai 2008 – ISBN 3-89994-179-9
- Josef Scheibel u. Robert Scheibel: Digitalfotografie verstehen und anwenden. Vfv Verlag 2010;– ISBN 978-3-88955-192-4
- Ernst A. Weber Fotopraktikum, Birkhäuser Verlag 2004;- ISBN 978-3-7643-6689-6
Geschichte, Chronologie
- Jörn Glasenapp: Die deutsche Nachkriegsfotografie: Eine Mentalitätsgeschichte in Bildern, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2008, ISBN 978-3-7705-4617-6
- John Hannavy (Hrsg.): Encyclopedia of Nineteenth-Century Photography, New York 2005 ISBN 978-0-415-97235-2
- Hans-Michael Koetzle, Das Lexikon der Fotografen: 1900 bis heute, München: Knaur 2002, ISBN 3-426-66479-8
- Walter E. Lautenbacher, Inszenierte Modefotografie 1953–1983 und wie sie entstand. Eine Chronologie., Cantz 1994, ISBN 3-89322-677-X
- Walter E. Lautenbacher, Mode, Models und ihr Fotograf, 2000, ISBN 3-933989-06-X
- Reinhold Mißelbeck: Prestel-Lexikon der Fotografen: von den Anfängen 1839 bis zur Gegenwart; mit Glossar. München u. a.: Prestel 2002 (287 S.), ISBN 3-7913-2529-9
- Therese Mulligan, David Wooters, Geschichte der Photographie – Von 1839 bis heute. 25 Jahre Taschen. Jubiläumsausgabe, Taschen-Verlag 2005 – ISBN 3-8228-4775-5
- Beaumont Newhall, Geschichte der Photographie, Schirmer, Mosel, München 1998 / 2005 ISBN 3-88814-319-5
- Franz-Xaver Schlegel, Das Leben der toten Dinge – Studien zur modernen Sachfotografie in den USA 1914-1935, 2 Bände, Stuttgart: Art in Life 1999, ISBN 3-00-004407-8
- Wolfgang Kemp: Foto-Essays: Zur Geschichte und Theorie der Fotografie (Broschiert), Schirmer/Mosel; Auflage: 1 (August 2006)- ISBN 3-8296-0240-5
- Lynne Warren (Hrsg.): Encyclopedia of Twentieth-Century Photography, 1719 S., New York, NY [u.a.] : Routledge, 2006
Fototheorie, Kunst, Gesellschaft
- Roland Barthes, Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994/2005 ISBN 3-518-38142-3
- Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (neben Barthes eines „der“ Standardwerke)
- Pierre Bourdieu, Eine illegitime Kunst: die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983 /Europäische Verlagsanstalt 2006 ISBN 3-434-46162-0
- Bernd Busch, Belichtete Welt: eine Wahrnehmungsgeschichte der Fotografie, München: Hanser 1989, ISBN 3-446-15089-7
- Philippe Dubois, Der fotografische Akt. Versuch über ein theoretisches Dispositiv, hrsg. u. mit einem Vorw. v. Herta Wolf, übers. v. Dieter Hornig, Amsterdam u. Dresden: Verlag der Kunst 1998, ISBN 3-86572-457-4
- Katalog zur documenta 6: Band 1: Malerei, Plastik/Environment, Performance; Band 2: Fotografie, Film, Video; Band 3: Handzeichnungen, Utopisches Design, Bücher; Kassel 1977 ISBN 3-920453-00-X
- Gisèle Freund, Photographie und Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1993 / 2002, ISBN 3-499-17265-8
- Judith Freyer Davidov, Women's Camera Work: Self/Body/Other in American Visual Culture, Duke University Press 1998
- Michel Frizot, Neue Geschichte der Fotografie., Köln: Könemann Verlag 1994 ISBN 3-8290-1327-2
- Peter Geimer: Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg: Junius, 3. Auflage 2011, ISBN 978-3-88506-666-8
- Jörn Glasenapp, Die deutsche Nachkriegsfotografie: Eine Mentalitätsgeschichte in Bildern, Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2008
- Stefan Hartwig, Gestaltung und Wahrnehmung von Public Relations-Bildern. Lehren aus der Wissenschaft. In: www.gpra.de
- Klaus Honnef: 150 Jahre Fotografie (Erweiterte Sonderausgabe von Kunstforum International: 150 Jahre Fotografie III / Fotografie auf der documenta 6, Band 22); Mainz, Frankfurt am Main (Zweitausendeins) 1977
- Klaus Honnef (Hrsg.): Die Arbeit des Fotografen, Kunstforum International Band 16; Mainz 1976
- Klaus Honnef (Hrsg.): Fotografie – Aspekte eines Mediums, Kunstforum International Band 18; Mainz 1976
- Wolfgang Kemp (Hrg.), Theorie der Fotografie, Gesamtausgabe in einem Band, Schirmer/Mosel 2006, ISBN 3-8296-0239-1
- Rosalind Krauss, Die Originalität der Avantgarde und andere Mythen der Moderne, hrsg. u. mit einem Vorw. von Herta Wolf, übers. v. Jörg Heininger, durchges. u. neu bearb. v. Wilfried Prantner, Amsterdam u. Dresden: Verlag der Kunst 2000, ISBN 3-86572-458-2
- François Laruelle: "Die nichtphotographische Vision" in: Herzattacke 4/1994, VI. Jahrgang, Doppelnummer, Band II, S. 196-228
- Herbert Molderings: Die Moderne der Fotografie, EVA, Hamburg 2007, ISBN 978-3-86572-635-3
- Henner Reitmeier: Klappe zu, Affe tot. Kritik von Fotografie und Film. In: Die Brücke 139, 1/2006.[9]
- Runge, Evelyn: Glamour des Elends: Ethik, Ästhetik und Sozialkritik bei Sebastião Salgado und Jeff Wall, Köln: Böhlau Verlag 2012
- Susan Sontag, Über Fotografie, Wien: Hanser 2002
- Susan Sontag, Das Leiden anderer betrachten, Frankfurt am Main: Fischer 2005
- Ingrid Thurner, Die Rezeption des Fremden in der touristischen Fotografie. In: Rieländer, Klaus/Häusler, Nicole (Hg.), Konsequenzen des Tourismus. Ein Reader mit Beispielen aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Göttingen: Arbeitskreis für Internationale Wissenschaftskommunikation, 1995, S 55-62.
- Herta Wolf (Hg.), Paradigma Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 1, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002, ISBN 3-518-29198-X
- Herta Wolf (Hg.), Diskurse der Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters, Bd. 2, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2003, ISBN 3-518-29199-8
- Über den Wert der Fotografie. Wissenschaftliche Kriterien für die Bewahrung von Fotosammlungen. Internationale und interdisziplinäre Tagung Aarau (Schweiz), 23-24 Mar 2012
Sonstige
- (Franz-Xaver Schlegel) Das Werk. Technische Lichtbildstudien (1931). Vorbemerkung von Eugen Diesel (1931). Neudruck der Erstausgabe 1931 nebst Materialien zur Editionsgeschichte. Einführender Essay von Franz-Xaver Schlegel (2002). Hrsg. von der Albertina, Wien. Königstein i. Ts. 2002 (= Die Blauen Bücher). ISBN 3-7845-3560-7
- Sigrid Schneider und Stefanie Grebe, Wirklich wahr!: Realitätsversprechen von Fotografien, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz], 2004
Weblinks
- Commons: Fotografie – Sammlung von Bildern
- Wikiquote: Fotografie – Zitate
- Wiktionary: Fotografie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Das digitale Bildvergessen – Thesen zur Zukunft der Fotografie
- Graphische Techniken, Buch in PDF-Form von M. Riat, das auch die wichtigsten fotografischen Techniken beschreibt
- Umfangreiche Informationen und Erläuterungen über alle Grundlagen der Fotografie (Peter Rohr)
- Gute Aussichten: Junge Deutsche Fotografie
- Online Magazin für zeitgenössische Fotografie
- Photolit internationale Datenbank zur Fotoliteratur
- Fotostudium in Deutschland
- Deutsche Gesellschaft für Photographie
Einzelnachweise
- ↑ Gottfried Jäger, Fotografie als generatives System, Bielefeld: Verl. für Druckgrafik Gieselmann, 2007, Orig.-Ausg.
- ↑ Erich Stenger: Der Ursprung des Wortes „Photographie“. In: der freie lichtbildner (offizielles Organ des Arbeiter-Lichtbild-Bundes), Jg. 2, Nr. 2, 15. Februar 1933, S. 14f
- ↑ spiegel-online.de: „Die Zeit der Analogkameras scheint endgültig vorbei.“
- ↑ golem.de: 2007 sieben Millionen digitale Spiegelreflexkameras verkauft
- ↑ Digitale Fotografie Abgerufen am 29. Dezember 2012.
- ↑ W.J.T. Mitchell: Bildtheorie. Frankfurt am Main 2008, S. 63
- ↑ vgl. Wolfgang Kemp: Theorie der Fotografie. München 2006
- ↑ rem-mannheim.de
- ↑ Hier auch online nachlesbar, abgerufen am 23. Juni 2012