Briefwaage
Geschichte der Briefwaage
Mit der Postreform des Jahres 1839, in welcher die Gebühren für die Briefbeförderung von der Entfernung auf das Gewicht des jeweiligen Briefes umgestellt wurde, war es notwendig geworden, das Gewicht der Briefe mittels Briefwaagen festzustellen.
Anforderungen
Nachdem noch nichts Vergleichbares vorhanden war, bemühten sich die englischen Geschäftsleute möglichst einfache Geräte für den täglichen Bedarf zu schaffen, mit deren Hilfe das Gewicht eines Briefes festgestellt werden konnte.
Am 22. Oktober 1839 schrieb der Postreformer Rowland Hill in sein Tagebuch, dass ihn der Finanzminister beauftragt habe, eine Maschinerie entwickeln zu lassen, mit der es möglich sei, das Gewicht von Briefen festzustellen. Natürlich sollte dies zu einem moderaten Preis durchgeführt werden.
Eine erste Variante
Bereits kurz danach hatte der Bruder von Rowland Hill, Edwin, der eine erfinderische Ader hatte, eine solche Maschine konstruiert, sodass bereits am 26. Oktober dem Finanzminister die Pläne vorgelegt werden konnten. Nach Besprechungen mit Postangestellten konnte Edwin Hill den Auftrag entgegennehmen, etwa dreißig bis vierzig solcher Waagen zu bauen. Allerdings verschwindet dann dieses Patent und wird nur noch einmal durch eine Rechnung an die Öffentlichkeit gebracht, die William Mary de Grave & Son für 11 Waagen am 5. Januar 1840 stellt.
Weitere Vorschläge
Natürlich war diese Waage für Kaufleute und Private noch wesentlich interessanter als für die Post selber. Etliche Waagenhersteller jener Zeit brachten dann entsprechende Produkte auf den Markt, die für den Heim– und Bürogebrauch geeignet waren.
Einer der ersten Hersteller war der Publizist und Postreformer Henry Hooper. Bereits im August des Jahres 1839 hatte Hooper in weiser Voraussicht ein Patent für eine Briefwaage eingereicht. Die Waagen waren bis zu einem Gesamtgewicht von 4 Unzen vorgesehen und besaßen für jeweils 1/2 Unze, 1 Unze, 2 und 3 Unzen entsprechende Markierungen.
Es folgten weitere Vorschläge, jedoch waren die meisten recht teuer. Etwas günstiger konnte dann die Kerzenständer-Briefwaage von Robert Winfield aus Birmingham angeboten werden. Sie bestand aus einem zentralen Zylinder, in welchem die Feder untergebracht war. Darauf befand sich ein Stutzen mit einer kreisrunden Metallscheibe. Eine senkrechte Sichtscheibe zeigte die Gewichte von 0 bis 4 Unzen an.
Eine Briefwaage, die von Ratcliff hergestellt wurde, war am 12. Februar 1840 von Robert Willis, einem Professor der Cambridge University als Patent No. 8384 angemeldet worden. Sie bestand aus einem Metallteil auf einem Mahagony-Sockel. Hier wurden zwar keine Gewichte angezeigt, aber es konnte die jeweilige Gebührenstufe durch Einlegen von Metallteilen auch weit über die 4-5 Unzen hinaus bestimmt werden.
Diese Konstruktionen zeigen die breite Resonanz und Akzeptanz der neuen Gebührenfestlegung. Sie hielten auch in Privathaushalte und Büros ihren Einzug. Parallel dazu entwickelte sich die Postreform.
Die meisten dieser Briefwaagen arbeiten nach dem Prinzip der Neigungswaage, später wurden Briefwaagen auch mit Federn oder elektronischen Messsystemen aufgebaut (siehe Dehnungsmessstreifen). Aktuell sind in Privathaushalten eher Neigungswaagen und Federwaagen zu finden, in automatisierten Abfertigungsanlagen jedoch elektronische Systeme.
Bekannte Hersteller
- Bizerba
- Jakob Maul
- Neopost
Literatur
- Handwörterbuch des Postwesens:
- 1. Auflage; Berlin und Frankfurt (Oder), 1926; S. …
- 2. völlig umgearbeitete Auflage; Frankfurt am Main, 1953; S. 769–771
- 1. Nachtrag zur 2. Auflage; 1956; S. 127
- Joachim Voigtmann: Stadt- und Waagenmuseum Oschatz; Chemnitz: Sächsische Landesstelle für Museumswesen, 2005, 47 Seiten
- Gudrun Hempel: Waage und Mass – aus der Metallsammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde; Österreichisches Museum für Volkskunde (Katalog); Schlossmuseum <Gobelsburg>; Wien, 1991; 88 Seiten; ISBN: 3-900359-50-4
- Hans Ilsmann: Posttechnik; Transpress Verlag, Berlin 1969, 93 Seiten
- Karl Erich Haeberle: Hundert Jahre Bizerba Werke – 10000 Jahre Waage; aus der Entwicklungsgeschichte der Wägetechnik; Hrsg. von den Bizerba-Werken, Wilhelm Kraut KG, aus Anlass d. 100-jährigen Jubiläums, 1866–1966; Balingen/Württ. 1967; 284 Seiten
- Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen: Josef Keller, Frankfurt am Main
- Hans Rohrwild: Anpassung der Waagen der DBP an die Änderungsverordnungen zur Eichordnung; 1967; H. 18, S. 697
- Horst Sauer: Wissenswertes über Waagen und das Wiegen von Postsendungen; 1964; H. 2, S. 59
- Bruno Kisch: Scales and weights – a historical outline; New Haven, Conn. [u. a.] : Yale Univ. Press, 1966, XXI, 297 Seiten
- Verkehrs- und Betriebswissenschaft in Post und Telegraphie; Berlin: Georg Koenig
- Fuchs: Eine neue Waage für den Schalterbeamten; 1932 H. 8, S. 121
- Larivière: Eine neue Waage für den Schalterbeamten; 1931; H. 25, S. 391
- Schulze: Die Einführung von Federwaagen für Postpäckereien ohne angegebenen Werth bei den Reichs-Postanstalten; Erschienen in: Archiv für Post und Telegraphie; Berlin: Decker, 1882; H. 18, S. 553
Weblinks