Kynurenin

Kynurenin

Strukturformel
Struktur von Kynurenin
(R)-Form (links) und (S)-Form (rechts)
Allgemeines
Name Kynurenin
Andere Namen
  • (S)-Kynurenin
  • (R)-Kynurenin
  • (RS)-Kynurenin
  • (S)-3-Anthraniloylalanin
  • (R)-3-Anthraniloylalanin
  • (RS)-3-Anthraniloylalanin
  • 2-Amino-3-(2-aminobenzoyl)- propionsäure
  • IUPAC: 2-Amino-4-(2-aminophenyl)- 4-oxo-butansäure
Summenformel C10H12N2O3
CAS-Nummer
  • 2922-83-0 [(S)-Kynurenin]
  • 343-65-7 [(RS)-Kynurenin]
PubChem 846
Kurzbeschreibung

farblose Blättchen[1]

Eigenschaften
Molare Masse 208,22 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
  • 191 °C, Zersetzung [(S)-Kynurenin][1]
  • 219 °C [(RS)-Kynurenin][1]
Löslichkeit

wenig löslich in Wasser, bildet mit Säuren wasserlösliche Salze[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
Piktogramm unbekannt
H- und P-Sätze H: ?
EUH: ?
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Kynurenin (griech. kýon Hund und ouron Urin) ist eine aromatische nicht-proteinogene Aminosäure. Es existieren zwei Stereoisomere des Kynurenins: (S)-Kynurenin [Synonym: L-Kynurenin] und (R)-Kynurenin [Synonym: D-Kynurenin]. Kynurenin erhält zunehmend medizinisches Interesse als Präkursor des NMDA-Rezeptor-Antagonisten Kynurensäure.[2] Lediglich die (S)- bzw. L-Form zeigt biologische Aktivität.[3]

Geschichte und Vorkommen

(S)-Kynurenin ist ein Stoffwechselintermediat beim Abbau des Tryptophan in vielen Lebewesen. Es wurde erstmals im Harn (lat. urina) von Hunden (gr. kyon) gefunden, wovon sich der Name der Verbindung ableitet. Adolf Butenandt untersuchte in seiner Inauguraldissertation 1940 und zusammen mit dem Genetiker Alfred Kühn den Einfluss des Kynurenin, das man zunächst für ein Hormon hielt, bei der Augenpigmentbildung von Insekten.[4] Bei einem Vitamin B6-Mangel ist die Menge des ausgeschiedenen Kynurenin im Harn erhöht.[5]

(Bio-)Synthese

Racemisches Kynurenin kann technisch in mehreren Schritten in guter Ausbeute aus o-Chloranilin erhalten werden.[6]

Die Synthese des L-Kynurenin in Lebewesen erfolgt mithilfe des Enzyms Arylformamidase, das die hydrolytische Abspaltung von Ameisensäure von N-Formylkynurenin katalysiert.[7]

Eigenschaften

L-Kynurenin bildet als Monohydrat farblose, blättchenförmige Kristalle, die sich wenig in Wasser, aber gut in Säuren lösen. Durch oxidative Desaminierung bildet sich beim Erhitzen aus L-Kynurenin die cyclische Kynurensäure, welche der eigentliche NMDA-Rezeptor-Antagonist ist.[5]

Biologische Bedeutung

L-Kynurenin ist ein Stoffwechselintermediat in vielen Lebewesen, beim Abbau der Aminosäure Tryptophan sowie bei der Biosynthese von Nicotinsäure und NAD.

Als Stoffwechselprodukt des Tryptophans im Organismus wird L-Kynurenin täglich in Mengen von ca. 1 mg im Harn ausgeschieden.[1]

Erhöhte Spiegel von L-Kynurenin im Gehirn durch Zufuhr von L-Kynureninsulfat zeigten in Tiermodellen neuroprotektive Effekte bei neurodegenerativen Erkrankungen.[2][8]

Im Urin weiblicher Masu-Lachse (Oncorhynchus masou) wirkt L-Kynurenin als Pheromon.[9]

Das Oxidationsprodukt 3-Hydroxy-L-kynurenin ist auch ein Zwischenprodukt bei der Bildung von Ommochromen (Augenpigmenten) der Krebse und Insekten.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Thieme Chemistry (Hrsg.): Römpp Online. Version 3.1. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007.
  2. 2,0 2,1 Sas K, Robotka H, Toldi J, Vécsei L: Mitochondria, metabolic disturbances, oxidative stress and the kynurenine system, with focus on neurodegenerative disorders. In: J. Neurol. Sci.. 257, Nr. 1–2, Juni 2007, S. 221–239. doi:10.1016/j.jns.2007.01.033. PMID 17462670.
  3. Beate Zsizsik: Oxidativer Metabolismus von Kynurensäure und ihren Analoga. (PDF) Dissertation an der Georg-August-Universität Göttingen, 2001
  4. Wolfgang Schieder, Achim Trunk: Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft: Wissenschaft, Industrie und Politik im Dritten Reich. Band 7 von Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ISBN 978-3-89244-423-7, S. 178.
  5. 5,0 5,1 Arnold Willmes: Taschenbuch chemische Substanzen: Elemente - Anorganika - Organika - Naturstoffe - Polymere. 3. Auflage, Harri Deutsch Verlag, 2007, ISBN 978-3-8171-1787-1, S. 648.
  6. US Patent 3766261
  7. Gál EM, Sherman AD: L-kynurenine: its synthesis and possible regulatory function in brain. In: Neurochem. Res.. 5, Nr. 3, März 1980, S. 223–239. PMID 6154900.
  8. Sas K, Robotka H, Rózsa E, et al: Kynurenine diminishes the ischemia-induced histological and electrophysiological deficits in the rat hippocampus. In: Neurobiol. Dis.. 32, Nr. 2, November 2008, S. 302–308. doi:10.1016/j.nbd.2008.07.013. PMID 18761090.
  9. Yambe H, Kitamura S, Kamio M, et al: L-Kynurenine, an amino acid identified as a sex pheromone in the urine of ovulated female masu salmon. In: Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A.. 103, Nr. 42, Oktober 2006, S. 15370–15374. doi:10.1073/pnas.0604340103. PMID 17030810. Volltext bei PMC: 1622830.

Weblinks