Aroma

Aroma

Dieser Artikel befasst sich mit Geschmack und Geruch, für die gleichnamige Weinbrennerei siehe Aroma SA, für die bolivianische Provinz siehe Provinz Aroma.
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Das Aroma (griechisch ἄρωμα, ároma – das Gewürz(-kraut), der Duft, das Parfüm) bezeichnet den spezifischen Geruch und/oder auch Geschmack, der durch einzelne chemische Verbindungen oder Stoffgemische in Erzeugnissen wie Lebensmitteln und Arzneimitteln verursacht wird. Viele Aromen sind auf chemische Verbindungen (sogenannte Aromastoffe) zurückzuführen, die zur Klasse der Aromaten, Ester, Terpene, Alkylpyrazine, Aldehyde oder Ketone gehören (siehe dazu Aromaaktivitätskonzept).

Aromastoffe gewinnen wirtschaftlich immer weiter an Bedeutung. Im Jahr 2011 wurden rund 10,6 Mrd. US$ mit Aromastoffen umgesetzt, was insbesondere an der Verwendung in industriell verarbeiteten und verpackten Nahrungsmitteln liegt.[1]

Oftmals werden den genannten Erzeugnissen konzentrierte Lösungen von Geruchsstoffen beigemengt, um die Vorlieben der Zielgruppe zu erfüllen. Wenn das Eigenaroma nicht ausreicht, werden natürliche oder naturidentische Aromastoffe als Lebensmittelzusatzstoff verwendet. Dies geschieht meist aus Kostengründen. Die Preise für Aromen variieren stark zwischen den jeweiligen Untergruppen. Bei natürlichen Aromen kann sich die Abhängigkeit vom Produzenten nachteilig auswirken, da Qualitätsunterschiede und Liefermengenschwankungen durch meteorologische oder politische Einflüsse auftreten können (siehe hierzu Vanille).

Aus chemischen Gründen lassen sich einige Geschmacksrichtungen nicht mit Aromen nachbilden. Andere Geschmacksrichtungen können wiederum sehr gut mit Aromen nachgebildet werden, wobei die erzeugten Geruchsqualitäten in der Verbraucherakzeptanz den natürlichen Geruchsstoffen nicht mehr nachstehen.

Sensorische und kognitive Grundlagen

Aromen werden im Wesentlichen durch den Geruchssinn wahrgenommen, indem bei der Nahrungsaufnahme flüchtige Aromastoffe über die Rachen-Nasen-Verbindung an die Geruchs-Rezeptoren der Riechschleimhaut in der Nasenhöhle gelangen. Die Riechschleimhaut enthält beim Menschen etwa 350 verschiedene Rezeptorzellen, von denen jede durch eine bestimmte Gruppe von Duftstoffen erregt wird. Durch gleichzeitige Erregung verschiedener Rezeptorzellen ist eine weitaus höhere Anzahl verschiedener Geruchs-Empfindungen möglich, und davon kann der Mensch einige Tausend zu unterscheiden lernen.

Der auf der Zunge lokalisierte Geschmackssinn kann dagegen nur fünf Geschmacksrichtungen erkennen (süß, sauer, salzig, bitter und umami). Hinzu kommt noch die geschmackliche Schärfe, die über Wärme- und Schmerzsensoren wahrgenommen wird und daher nicht zu den Geschmacksrichtungen im engeren Sinn gerechnet wird.

Gesetzliche Definitionen

Die Aromenverordnung (EG) Nr. 1334/2008[2] unterteilt Aromen in sechs verschiedene Kategorien: Aromastoffe, Aromaextrakte, thermisch gewonnene Reaktionsaromen, Raucharomen, Aromavorstufen und sonstige Aromen.

Aromastoffe

Aromastoffe sind chemisch definierte Stoffe mit Aromaeigenschaften. In der Natur wurden bislang etwa 10.000 Aromastoffe identifiziert. Die Aromenindustrie verwendet etwa 2.500 Aromastoffe. Generell lassen sich Aromastoffe in zwei Unterkategorien unterteilen:

  • Synthetische Aromastoffe entstehen mithilfe synthetischer Verfahren. Bei ihnen handelt es sich entweder um naturidentische Aromastoffe oder künstliche Aromastoffe. Die naturidentischen Aromastoffe folgen einem Vorbild in der Natur und entsprechen in ihrer Molekularstruktur ebendiesem Vorbild, z. B. synthetisch hergestelltes Vanillin. Künstliche Aromastoffe hingegen haben kein Vorbild in der Natur. Im Gegensatz zur früheren Aroma-Richtlinie 88/388 unterscheidet die neue Aromenverordnung nicht mehr zwischen naturidentischen und künstlichen Aromastoffen. Bis zur Geltung der europäischen Positivliste gestattet Deutschland nur 15 künstliche Aromastoffe für den Einsatz in Lebensmitteln, z. B. Ethylvanillin.
  • Natürliche Aromastoffe sind Aromastoffe, die durch gesetzlich festgelegte physikalische (z. B. Destillation und Extraktion), enzymatische oder mikrobiologische Verfahren gewonnen werden. Ausgangsmaterialien für die Herstellung können pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen (z. B. Hefen) Ursprungs sein; sowohl die Ausgangsstoffe als auch die Herstellungsverfahren sind natürlich. Natürliche Aromastoffe müssen in der Natur nachgewiesen worden sein. Zu den natürlichen Aromastoffen gehört zum Beispiel natürliches Vanillin.

Derzeit prüft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) alle natürlichen und synthetischen Aromastoffe auf ihre Unbedenklichkeit. Für diese gibt die Europäische Kommission in naher Zukunft eine Positivliste (Unionliste) heraus.

Aromaextrakte

Aromaextrakte sind komplexe Gemische natürlicher Aromastoffe. Zum Beispiel gibt es Extrakte aus Früchten, Gewürzen, Kräutern, Fleisch, Fisch und Gemüse. Sie werden genauso gewonnen wie natürliche Aromastoffe und unterliegen den gleichen gesetzlichen Anforderungen.

Thermisch gewonnene Reaktionsaromen

Thermisch gewonnene Reaktionsaromen entstehen durch kontrolliertes Erhitzen zucker- und stickstoffhaltiger Zutaten (z. B. Traubenzucker mit Rindfleischextrakt). Das Aroma bildet sich, wie etwa beim Backen von Brot oder dem Braten von Fleisch, erst durch Erhitzen.

Raucharomen

Raucharomen entstehen, wenn Rauch in Wasser kondensiert, d. h. aufgefangen wird. Um Raucharomen herzustellen, müssen Hersteller bestimmte gesetzliche Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Wassergehalt des Holzes und Luftzufuhr einhalten und streng kontrollieren.[3]

Aromavorstufen

Aromavorstufen (zum Beispiel Kohlenhydrate oder Aminosäuren) besitzen keine oder nur bedingt eigene geruchs- oder geschmacksgebende Eigenschaften. Sie entwickeln diese aber durch Reaktion mit anderen Bestandteilen während der Lebensmittelherstellung.

Sonstige Aromen

Sonstige Aromen sind diejenigen Aromen, die nicht unter die vorgenannten Kategorien fallen, wie etwa grillähnliche Aromen, die durch Erhitzen von Pflanzenölen hergestellt werden.

Handhabung der Aromen

Damit man die Aromen im Lebensmittel besser anwenden und dosieren kann, sind sie in der Regel mit Trägersubstanzen oder Lösungsmitteln vermischt, beispielsweise mit Stärke, Milchzucker oder Alkohol. Manche Aromen enthalten aus technologischen Gründen auch Zusatzstoffe, wie zum Beispiel Emulgatoren oder Antioxidantien. Diese Zusatzstoffe dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie auf ihre Unbedenklichkeit hin überprüft wurden und der Gesetzgeber sie zugelassen hat.

Kennzeichnungen von Aromen

Die europäische Aromenverordnung regelt die Kennzeichnung von Aromen. Das gilt für den Verkauf von Aromen an die Lebensmittelindustrie oder an Endverbraucher (z. B. Vanillinzucker oder Backaromen) sowie für die Bezeichnung von Aromen in der Zutatenliste von Lebensmittelverpackungen.

Der Begriff „Aroma“ kann immer verwendet werden, wenn das Lebensmittel eine oder mehrere der sechs gesetzlich definierten Aromakategorien enthält. Es ist auch möglich, das Aroma genauer zu bezeichnen (Orangenöl) bzw. zu beschreiben (Erdbeeraroma). Die Zugabe von Koffein und Chinin muss immer gesondert gekennzeichnet werden. Dies gilt auch für Raucharomen, sofern sie dem Lebensmittel einen Räuchergeschmack verleihen.

Natürliche Aromen

Die europäische Aromenverordnung stellt besondere Anforderungen an die Verwendung des Begriffs „natürlich“. Diese gelten gleichermaßen für die Kennzeichnung durch den Aromenhersteller wie auch für die Bezeichnung von Aromen in der Zutatenliste von Lebensmitteln. Grundsätzlich darf der Begriff „natürlich“ nur dann verwendet werden, wenn das Aroma ausschließlich Aromaextrakte oder natürliche Aromastoffe enthält. Synthetische Aromastoffe, thermisch gewonnene Reaktionsaromen, Raucharomen, Aromavorstufen oder sonstige Aromen dürfen daher nicht mit dem Zusatz „natürlich“ versehen werden. Auch pflanzliches Eiweißhydrolysat das als „Würze“ oder „Brühe“ deklariert wird, ist im Sinne der Aromenverordnung keine natürliche Zutat.

Im Sinne des vom Gesetzgeber angestrebten verbesserten Verbraucherschutzes sollten bei der Verwendung des Begriffes „natürlich“ die Ausgangsstoffe des Aromas (z. B. Erdbeere oder Vanille) genannt werden, es sei denn diese sind im Aroma oder Geschmack des Lebensmittels nicht erkennbar. Am Beispiel „Erdbeere“ lassen sich folgende Kennzeichnungsoptionen unterscheiden:

  • „Natürliches Erdbeer-Aroma“: Ein solches Aroma stammt entweder ausschließlich aus Erdbeeren (z. B. Erdbeerextrakt) oder mindestens zu 95 % aus Erdbeeren. Die verbleibenden 5 % sind natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte, die nicht aus Erdbeeren stammen. Diese zusätzlichen Aromen dürfen auch nur abrundend wirken und den eigentlichen Geschmack nicht deutlich verändern.
  • „Natürliches Erdbeer-Aroma mit anderen natürlichen Aromen“: Bei einem solchen Aroma liegt der Anteil aus Erdbeeren unter 95 %. Dem Aroma können natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte, die nicht aus der Erdbeere stammen, beigefügt werden. Allerdings muss der Geschmack der aus Erdbeere stammenden Aromabestandteile leicht erkennbar sein.
  • „Natürliche Aromastoffe“: Bei einem solchen Aroma sind keine extrahierten Bestandteile der Erdbeere und auch keine sonstigen Aromaextrakte enthalten. Das Aroma wurde ausschließlich aus natürlichen Aromastoffen hergestellt. Eine Bezugnahme auf den Geschmack der Erdbeere ist nicht erlaubt.
  • „Natürliches Aroma“: Ein solches Aroma enthält natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte, die aus verschiedenen Ausgangsstoffen stammen. Es schmeckt nach Erdbeere, wurde aber nicht oder nur zu einem geringen Teil aus Erdbeeren gewonnen. Auch hier ist eine Bezugnahme auf den Geschmack der Erdbeere nicht erlaubt.

Selbst wenn ein Aroma die Voraussetzungen für die Verwendung des Begriffes „natürlich“ erfüllt, darf der Aromenhersteller oder Lebensmittelhersteller das betreffende Aroma lediglich als „Aroma“ kennzeichnen oder eine entsprechende genauere Bezeichnung/Beschreibung verwenden. Ein „natürliches Erdbeer-Aroma“ oder „natürliches Erdbeer-Aroma mit anderen natürlichen Aromen“ könnten folglich auch als „Aroma“ oder „Erdbeeraroma“ gekennzeichnet werden. Die Verwendung des Begriffes „Aroma“ in der Zutatenliste ist also nicht automatisch mit der Verwendung synthetischer Aromastoffe gleichzusetzen.

Aromastoffverzeichnisse

Eines der umfassendsten Verzeichnisse organischer Geschmacksstoffe wurde bereits 1914 von Georg Cohn vorgelegt.[4]

Die Europäische Kommission hat ein Verzeichnis erstellt, das alle in der EU verwendeten Aromastoffe gruppiert.[5]

Am 1. Oktober 2012 hat die EU Kommision nun eine Liste der in der EU zugelassenen Aromastoffe (Unionsliste) veröffentlicht.[6] Diese wird ab dem 22. April 2013 gültig sein und nach Ablauf der in der Aromenverordnung 1334/2008 genannten Übergangsfrist von 18 Monaten für alle in der EU hergestellten Aromen verbindlich sein. Nach dieser Übergangsfrist am 22. Oktober 2014 dürfen nur noch Aromen in Verkehr gebracht werden, die aus den in dieser Unionsliste aufgeführten Stoffen herstellt werden. Bestandteile von Aromen aus den Kategorien „Aromaextrakte“ (soweit aus Lebensmitteln hergestellt) und „thermisch gewonnene Reaktionsaromen“ (soweit die genannten Herstellungsbedingung eingehalten wurden) brauchen nicht in der Unionsliste registriert worden sein. Aromen und Lebensmittel, die nicht dieser Verordnung entsprechen, dürfen aber noch bis zum Ablauf des jeweiligen Mindesthaltbarkeitsdatums verbraucht werden.

Stereochemie

Da die Geschmackssensoren (Rezeptoren) chiral sind, besitzen Enantiomere in der Regel einen unterschiedlichen Geschmack. So schmecken die meisten D-Aminosäuren süß, während die L-Aminosäuren bitter oder fast geschmacklos sind. Der Dipeptidmethylester Aspartam schmeckt nur dann süß, wenn beide am molekularen Aufbau beteiligten Aminosäuren L-konfiguriert sind. Das Terpen (S)-Carvon riecht nach Kümmel, während (R)-Carvon minzig riecht. Die Linksform des Terpens Limonen riecht nach Zitrone, die Rechtsform nach Orange.[7]

Toxine in Aromen

Für folgende durch aromatisierende Stoffe dem Lebensmittel zugeführte Verbindungen wurden gesetzliche Mengenbeschränkungen eingeführt, da sie toxisch wirken können:

Es handelt sich dabei ausschließlich um Stoffe, die nicht durch entsprechende Verfahren aus dem Aroma entfernt werden konnten. Die meisten dieser Toxine werden von den Pflanzen, dem Ausgangsstoff der meisten Aromen, selbst gebildet, um sich vor natürlichen Feinden zu schützen. Es handelt sich hier also nicht um gesteuerte Interessenkonflikte, sondern um ein real existierendes Problem wie zum Beispiel bei Acrylamid.

Mit Geltung der neuen EU-Aromenverordnung am 20. Januar 2011 werden die Stoffe Agaricinsäure, Aloin, Berberin, Hypericin und Santonin keiner Höchstmengen-Beschränkung mehr unterworfen, stattdessen werden die Stoffe Estragol, Methyleugenol, Teucrin A und Menthofuran neu aufgenommen.

Die neue EU-Aromenverordnung 1334/2008 regelt in ihrem Anhang III, Teil B, welche Höchstmengen von diesen natürlich enthaltenen, aber unerwünschten Toxinen in welchen Lebensmitteln enthalten sein dürfen. Für alle anderen Lebensmittel gibt es keine generellen Höchstmengen mehr. Hier wird die Verantwortung auf den Hersteller der Lebensmittel übertragen, der nach Art. 14 der EG-Basis-VO 178/2002 beachten muss, wonach Lebensmittel "sicher" sein müssen.

Eine Besonderheit bei den Toxinen stellt das Capsaicin (Schärfestoff der Chili-Schote) dar, welches als Reinsubstanz Lebensmitteln in keiner Form zugesetzt werden darf, über die Quelle des Chili-Extrakts aber unbeschränkt erlaubt ist.

Schlüsselaromastoffe

In der Lebensmittelchemie bezeichnet man Schlüsselaromastoffe, die das charakteristische Aroma einzelner Lebensmittel prägen, mit dem englischen Begriff character impact compounds,[8] z. B. Vanillin als Träger des Aromas der Gewürzvanille oder das Himbeerketon.

Siehe auch

Fruchtaroma

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Marktstudie Aromastoffe von Ceresana. http://www.ceresana.com/de/marktstudien/chemikalien/aromastoffe/marktstudie-aromastoffe.html
  2. VERORDNUNG (EG) Nr. 1334/2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften
  3. VERORDNUNG (EG) Nr. 2065/2003 über Raucharomen zur tatsächlichen oder beabsichtigten Verwendung in oder auf Lebensmitteln
  4. Georg Cohn: Die organischen Geschmacksstoffe. Siemenroth Verlag, Berlin 1914.
  5. Europäische Kommission: Entscheidung der Kommission über ein Verzeichnis der in oder auf Lebensmitteln verwendeten Aromastoffe. vom 23. Februar 1999. 1999/217/EG. Letzte konsolidierte Fassung vom 29. März 2006. PDF Datenbank
  6. DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) Nr. 872/2012 DER KOMMISSION vom 1. Oktober 2012 zur Festlegung der Liste der Aromastoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2232/96. Abgerufen am 3. Oktober 2012.
  7. Henri Brunner: Rechts oder links – In der Natur und anderswo. Wiley-VCH, 1999, ISBN 3-527-29974-2, S. 142−145.
  8. H.-D. Belitz u. a.: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 5. Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, S. 330–331.